Volltext: Kaiser Wilhelm der Erste

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wenig beachtet, dreißig Jahre später der Schlachtgesang der sieg— 
reichen Deutschen werden sollte. Ein anderer Dichter verfaßte 
ein frisches Rheinweinlied, dessen Verse mit den Worten schlossen: 
„Stoßt an, stoßt an: der Rhein, 
Und wärs nur um den Wein, 
Der Rhein soll deutsch verbleiben!“ 
Die weiteste Verbreitung aber fand das Lied Beckers: 
„Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein, 
Ob sie wie gier'ge Raben sich heiser darnach schrei'n, 
So lang er ruhig wallend sein grünes Kleid noch trägt, 
So lang ein Ruder schallend in seine Woge schlägt.“ 
Dieses Gedicht schrieb sich der Prinz Friedrich Wilhelm eigen— 
händig ab. Die Offiziere des Garderegiments aber ermahnte 
er, den vaterländischen Sinn in dem Heere stets wach zu erhalten. 
Gleichwohl führten die Rüstungen damals nicht zum Kriege. 
Andere Interessen traten in den Vordergrund. Die Unzufrieden— 
heit mit den in Deutschland herrschenden Zuständen wurde von 
Jahr zu Jahr leidenschaftlicher, der Wunsch und das Verlangen 
nach Besserung derselben immer ungeduldiger. Die große Masse, 
durch die Mißernte des Jahres 1846 in harter Not und ver— 
bittert, lieh den Aufhetzungen und Versprechungen derjenigen, 
welche die Regierungen für alles Unheil verantwortlich machten, 
ein williges Ohr. Im Jahre 1848 brach endlich der Sturm 
los. Den Anstoß gab wieder die französische Hauptstadt, welche 
am 24. Februar den König Louis Philipp vertrieb und zur 
Flucht nach England nötigte. Und wie ein Lauffeuer zuckte fast 
in ganz Europa, in Deutschland, in sterreich, Ungarn und 
Italien die Flamme der Empörung auf. König Friedrich Wil— 
helm IV. hatte den Forderungen der Zeit bereits manche Zugeständ— 
nisse gemacht. Als aber am 15. März die Nachricht von dem 
Siege der Aufständischen in Wien und von dem Sturze des 
allmächtigen Ministers Metternich, des Hauptvertreters der bis 
herigen mißliebigen Regierungsweise, nach Berlin gelangte, da 
erhoben sich auch hier die erregten Massen. Der König machte 
noch weitere Zugestäudnisse, er berief den Landtag zur Beratung 
einer Verfassung für das Königreich Preußen, entließ seine 
Minister und versprach, für eine Neuordnung der deutfchen
	        
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