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Hundert Jahren in feiner Baterftadt eine Singfchule
beftanden habe, während die Nürnberger viel jüngeren
Urfprungs fci. Als Beweis für feine Behauptung
Hihrte er ein VBerslein an, das fchon 1450 bekannt
gewwefen fei und das alfo Iautete:
„Augsburg Hat ein’n weifen Kat,
Das prüft man an der fedden hat
Mit Singen, Dichten und Klaffen;
Sie han gemacht ein Sing[ul,
Und feßen oben auf den Stuhl,
Wer übelred’t von Pfaffen.“
„Die ältefte Tabulatur, von der wir wiffen,“
entgegnete ihm Hans Sachs, „ift die Straßburger
bon 1493; deshalb darf man nicht an das DBeftehen
von Singfehulen vor diefer Zeit tenken.“
Franz und Georg baten cines Tages den Meifter
mit freundlichen Worten, ihHnen dod) die Gefchichte
der Meifterfängerkunft von Anfang an 3zu €t=
zählen, damit fie ihr Wefjen und ihre Bedeutung
noch. beffer verftehen und würdigen lernen möchten.
Hans Sachs war gern dazu bereit und begann alfo:
„Die öblihe Mulkik und die Liebliche Singefunit
dient nicht allein zur Freude und Ergößung der
Menfchen, fondern fie ift das edelite Erregungsmittel
zur Erinnerung göttlidger Wohlthaten und zur An-
dacht der Herzens. Wie denn auch der heilige Mpoftel
Paulus zur Übung guter Gefänge gar trenlidh vers
mahnt. Der Meifterfinger hohe Schule ift Mainz,