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was ich dir sagen kann? Bin gar ein arm einfältig Mann!
tät’ besser das Leder zu strecken und ließ alle Poeterei ...“
Er fühlt, dass „sein eigener Flug sich mit dem kühnen Adler-
schwung Walthers nicht messen könne“ und seine eigene Kunst
ward ihm schier verleidet. — Es ist wahrlich nicht leicht, dies
zu erkennen, und es gehört die ganze Männlichkeit und edle
Weisheit, der ganze weltversöhnende Ernst des Hans Sachs dazu,
um aus diesem Kampfe heil hervorzugehen. Und dass dies bei
Sachs der Fall ist, erkennen wir in dem Augenblick, wo seine
Schalkhaftigkeit und sein Humor wieder zum Durchbruch
kommen. „Obgleich Sachs die hohe Begabung Walthers sofort
erkennt, weiss er doch das heilsame Band der Regel gegen
willkürliche Formlosigkeit in Schutz zu nehmen. Er hat sich
selbst als Dichter in die althergebrachte Tabulatur gefügt,
weil er sich durch diese Formen noch nicht beengt fühlte,
und was er in diese Formen goss, war doch etwas ganz anderes,
als der Kram der übrigen Meister“. Nicht nur als Dichter,
auch als Mensch überragt Hans Sachs seine Umgebung, und
auch Walther beugt sich seiner höheren Weisheit ohne Zaudern.
Durch heldenhaftes, lebenbejahendes Entsagen hat er die
höchste Vollkommenheit erreicht, die der Mensch erreichen
kann. Alle Tugenden eines gereiften Mannes sind diesem Hans
Sachs eigen. Es ist ein guter Griff des Dichters gewesen, ihn
in einem Alter darzustellen, wo seine Frau und Kinder bereits
tot sind, aber die zweite Frau noch nicht in sein Haus ein-
gezogen ist — also ung. 1560. Hierauf müssen die Hans Sachs-
Darsteller sorgfältige Rücksicht nehmen! — Dieser Hans Sachs
ist auch ein deutscher Mann bis in das Mark seiner Knochen,
denn „deutsch ist, die Sache, die man treibt, um ihrer selbst
und der Freude an ihr willen treiben; wogegen das Nützlich-
keitswesen, d.h. das Prinzip, nach welchem eine Sache des
ausserhalb liegenden persönlichen Zweckes wegen betrieben
wird, sich als undeutsch herausstellte.“ (Richard Wagner.)
Kurz, dieser Hans Sachs gehört zu den vollkommensten Menschen,
die je auf dem Theater dargestellt worden sind. —
Kurt Mey erzählt in seinem verdienstvollen Meistersinger-
buche — S. 20, Anm. 2 — Wagner habe ein Drama „der
Meistersinger“ geplant, dessen Entwurf in Wahnfried auf-
bewahrt werde. Dies beruht wohl auf einem Irrtum oder