Volltext: Adam Krafft und die Künstler seiner Zeit

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hüte man sich an die ursprüngliche Bedeutung des Wortes: „Wieder— 
belebung des klassischen Altertums“ zu denken. Hier übten unmittelbar 
die italienischen Formen Einfluß aus, durch welche die antiken gleich— 
sam in zweiter Hand umgeformt wirkten, während der Humanismus 
bestrebt war, sich in die Schriften des Altertums zu vertiefen. Ent— 
gegengesetzt der gotischen Kunst trat die neue Kunstweise in Deutsch⸗ 
land nicht als Ausdruck des Volksgeistes auf, sondern beschränkte sich 
auf Persönlichkeiten, die mehr oder weniger von ihr durchdrungen 
waren. Einige wurden italienisch, andre versuchten, sich selbst unbewußt, 
deutsche Anschauungsweise mit den neuen Formen zu verschmelzen. 
Als ob Dürer in Italien italienischer Künstler geworden und geblieben 
wäre! Er schlug, wie Herman Grimm sagt, von Venedig zurück— 
gekehrt, die alte Straße wieder ein. Er blieb echt deutscher Künstler, 
komponierte nicht im klassischen Geiste, etwa mit jener harmonischen 
Durchbildung eines Raphael, sondern wie es ihm zufällig vorschwebte; 
er wußte der deutschen Kunst das mitzuteilen, was ihr bisher fehlte, 
und wodurch sie der italienischen so weit nachstand. Deshalb darf 
man nicht seine Größe rein aus der Entfaltung der mittelalterlichen 
Kunst mit ihren realistischen Bestrebungen herauskonstruieren wollen 
und infolge dessen die Einflüsse der italienischen Kunst, die er trotz seiner 
Selbständigkeit empfing, als störende Elemente hinstellen wollen! 
Dagegen darf man bei Adam Krafft, wie schon Lübke trefflich 
bemerkte, nicht an italienische Einflüsse denken, sondern nur an einen 
hochbegabten Meister, der die Bestrebungen seines Jahrhunderts mit 
neuem Naturgefühl zu beleben wußte. Die fremde Kunst fand in Deussch— 
land erst Nachahmung, und das noch vereinzelt, als Kraffts Tage 
schon dem Ende nahten. Als fertiger Meister, wie wir ihn denn bis 
jetzt nur in seiner Thätigkeit verfolgen können, war er, indem er peinlich 
an seiner eigenen Manier festhielt, kaum fremden Einflüssen mehr zugaͤng⸗ 
lich. Anders ist es bei Peter Vischer. Wie bei Duͤrer läßt sich bei 
diesem ein Entwicklungsgang verfolgen. Zuerst gab er sich dem Rea— 
ismus der Nürnberger Kunst in ganzer Schärfe hin und erstrebte um 
alles einen bildnerischen Adel der Form, während Krafft doch gern 
etwas Malerisches hinzufügte. Dann etwa nach 1506 stand er ent— 
—D verhält er sich anders zur 
Renaissance als Dürer. Der Genius Dürers verstand die fremden 
Elemente völlig mit den deutschen Formen zu verschmelzen; bei Peter 
Vischer könnte man, wie etwa im Sebaldusgrabe, das worin über—
	        
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