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begrüßten. Die Straßen wurden allmählig belebter,
und die festlich angethane Menge strömte nach
der St. Katharinen-Kirche, wo Singschule der alten
Meistersänger und Meisterprobe gehalten werden sollte,
wie es der ehrsame Meister Hans Sachs nach langer
Zeit wieder aufgebracht hatte, damit die hochseelige
Kunst des Gesanges wieder ihre Blüthen treibe, und
die Menschen erlabe, erfreue und belehre.
Rings auf dem Chore saßen die Bürgermeister,
Rathsherren und Edlen der Stadt, rechts war eine
Erhöhung angebracht für die Merker, links für die
ältesten Meistersänger und in der Mitte ein erhöhter
Sitz für die Sänger, die sich hören lassen wollten.
Die Kirche war gedrängt voll, links in den Seiten—
gängen und in dem Schiffe die Frauen, rechts die
Männer, in der gespanntesten Erwartung.
Plötzlich ertönten die Pauken und Posaunen von
oben herab, und aus der Sakristei schritten die ältesten
Meistersänger paarweise in stattlichen Festkleidern,
dann kamen die drei Merker, unter denen Hans Sachs,
und zuletzt die Gesellen, unter denen Hans Gerla,
Lautenmacher, Jakob Elßner, Briefmacher, und Hans
Springinklee, Maler und Dürers Schüler, ihre Meister—
probe ablegen sollten.
Auf einen Wink des ältesten Meisters nahmen
alle ihre Plätze ein, die Orgel intonirte, und in
andächtigem dreistimmigen Choral flehten die Sänger
den Himmel an, daß er ihrer Kunst Fortblühen und
Gedeihen schenken möge zum Nutz und Frommen der
Menschheit.
Hans Sachs erhob sich, nachdem der Gesang
verstummt, und erzählte, wie die holdselige Kunst des