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Maienfeste nach Hause und der alte Dürer hatte nicht
vergebens gehofft, daß mit dem Patrizier und dessen
Sohn Willibald, dem Jugendfreunde Albrecht's und
sein Gefährte am heutigen Nachmittag draußen auf
der Hallerwiese, auch sein Sohn heimgekehrt sei; denn
wenige Minuten, nachdem das Geräusch der Gekom—
menen auf dem breiten gepflasterten Hausflur des
Vorderhauses verschollen war, öffnete sich rasch die Thüre
des Gemaches und der längst Ersehnte trat ein.
Des Jünglings hohe Gestalt, des blitzenden Auges
Feuer, die tiefe Gluth der vollen Wangen — wer
wollte darob rechten, daß für einen Augenblick die
Sorge und der Kummer des Vaters Angesicht floh
und ein wohlgefälliges Lächeln auf ihm an ihre Stelle
trat? War es doch sein Sohn, der schöne, im edlen Stolze
seines Werthes sich fühlende drei und zwanzigjährige
Jüngling, der jetzt zu ihm getreten und ihm so herz—
lich und doch kindlich ehrerbietig die Hand zum Gruße
bot; war es doch das liebste Kind, das seine Barbara
ihm geboren und wie sich's der Vater nicht verhehlen
konnte, auch jenes, das bestimmt zu sein schien, den
Namen Dürer nicht gleich den Namen von Tausend und
Abertausenden, kaum bekannt geworden, wieder dem Ge—
dächtnisse schwinden zu lassen, sondern ihn der Nachwelt
auf Jahrhunderte, auf Weltendauer zu überliefern! —
„Ihr seid noch wach, mein Vater?“ frug Albrecht
in besorgtem Tone, indem das Entzücken, das sein
Auge entflammt hatte, sank und die Gluth seiner
Wange abnahm.
„Bin's noch, mein Sohn! — bin wach' noch,
Albrecht, und zwar deinetwegen!“ erwiderte der Gold—
schmied.