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antlitze war ein Etwas eingeprägt, das ahnen ließ,
daß ein Engel niedergestiegen und diese wunderzarte
Hülle beseelt habe.
Und doch nur sie, die holde Maid, die wahre
Königin des Maien, nur sie schien es zu sein, deren
Erscheinen des Goldschmieds Dürer Auge gedüstert
hatte und seine Stirne in tiefe Falten legen ließ.
Vielleicht wäre es minder der Fall gewesen, wenn
nicht dem süßen Frauenbilde zwei Jünglinge gefolgt
wären, die beide dem Meister wohl bekannt und von
welchen er den einen seinen Sohn nannte.
Die jungen Männer durften auch auf das Prä—
dikat „schön“ allen Anspruch machen. Sie waren stolz
und hoch gebaut; doch unbestreitbar mußte der Preis
dem einfacher Gekleideten der beiden gereicht werden,
wenn auch das ritterliche Schwert, die mit Pfauen—
federn geschmückte Gugel und die sammtbesetzte Purpur—
schaube des andern ihm nicht geworden war, sondern nur
das eng anliegende gepuffte Wamms mit Pluderhosen
und drüberhin der schmucklos und von geringem Stoffe
gefertigte Ueberwurf; weniger kleidsam war es wahrlich
nicht, obwohl des Begleiters Prunkgewand auch edle
und volle Glieder barg. Zudem die hohe gewölbte
Stirne, der feurige Blick des sinnenden Auges, der
edle Bau der Nase, der schlanke Hals, die breite offene
Brust und insbesonders die zierlich schlanken Hände,
der stolzeste Junkherr am Hofe des Kaisers durfte sich
Glück wünschen, wenn nur zu dem einen oder dem
andern dieser körperlichen Vorzüge — die auch gar
viele des Geistes, nicht im gewöhnlichen Geleise des
Alltagstreibens sich bewegenden, im Geleite hatten —
ihm noch das üppig wallende kastanienbraune Haar,