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fige Totentanzgedanke an (B. 94). Selbst ungewöhnliche Natur-
ereignisse, welche im Munde der kleinen Leute umliefen, verewigte
er mit dem Stichel, auch darin mit Kunstgenossen wetteifernd, z. B
mit dem Meister W., welcher gleichzeitig den sogenannten Papstesel,
d. h. ein der Tiber entstiegenes Ungeheuer, in Kupferstich heraus-
gab. So stach er die Missgeburt eines Schweines, welches 1496
im Dorfe Landsee zur Welt kam und zwei Leiber. sechs Füsse,
aber nur einen Kopf besass (B. 95).
Es ist nicht glaubhaft, dass Dürers Phantasie von den Gegen-
ständen solcher Darstellungen besonders angezogen wurde, vielmehr
wahrscheinlich, dass er oft der Not gehorchte und auf die leichte
Verkäuflichkeit der Blätter Rücksicht nahm. Er verstand es aber,
selbst bei dieser Marktware sein persönliches Interesse zu wahren.
Bei den meisten und namentlich bei den frühesten Stichen und
Holzschnitten verlegte er die Szene in die offene Landschaft und
wählte mit sichtlicher Vorliebe die letztere aus. Eine stattliche
Burg krönt in der einen Ecke des Blattes einen stolzen Felshügel,
während im tieferen Hintergrunde ein weiter See sich öffnet oder
ein buchtenreicher, von Schiffen belebter Strom durch mannigfaches
Gelände sich windet. Die Freude an landschaftlicher Ausstattung
ist für die ältesten Blätter Dürers charakteristisch, nicht minder das
namentlich bei den früheren Holzschnitten sichtliche Streben, durch
einen grösseren Massstab den Gestalten Kraft und Ausdruck, der
landschaftlichen Umgebung Fülle zu verleihen, auch das Einzelne
sorgfältig durchzubilden. In Venedig, wo grössere Holzschnitte der
deutlicheren Formensprache wegen beliebt waren, hatte er solche
geschaut und bemühte sich, sie nun auch in der Heimat einzu-
bürgern. Das war nicht der einzige Nachhall seines italienischen
Aufenthalts. Wenn Dürer in den ältesten Holzschnitten gern Szenen
voll Leidenschaft schildert, den Ausdruck bis zum Herben steigert,
den Bewegungen besondere Kraft und Kühnheit verleiht, gleichsam
ein Urgeschlecht von ungetrübter Gewaltigkeit und elementarer
Wucht uns vor die Augen bringt, so hat gewiss die Betrachtung
mantegnesker Stiche in ihm die Lust an solchen Darstellungen
geweckt. Denn auch Mantegnas Welt bewegt sich gern im Kreise
des Herben, Kühnen und Gewaltigen. Noch mehr. Von der Schönheit
der antiken Kunst ist allerdings seine Phantasie in Italien nur wenig
berührt worden. Der Kultus der Antike, welcher damals in der
Luft schwebte, hat dort aber dennoch reiche Nahrung empfangen,
das Reich der alten Götter- und Heldensage auch sein Herz ge-
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