fullscreen: Offizieller Katalog [der Bayerischen Landes-Industrie-, Gewerbe- und Kunst-Ausstellung 1896 in Nürnberg]

Noch einmal in der LCagunenstadt. 
138 
kultus, zur Linken erscheinen noch andere Engel, welche die ringsum 
knieenden Gestalten mit Kränzen von lebendigen Rosen krönen. 
Zu Füßen der Madonna sitzt eine Engelfigur mit einer Mandoline. 
Im Vordergrund knieen Papst Julius II. und Kaiser Marimilian J. 
in weiten Purpurmänteln; dem erstern setzt das Christuskind, 
dem letztern die Jungfrau Maria den Rosenkranz auf. Auch 
andere bekannte Persönlichkeiten erscheinen auf dem Gemälde, 
wie z. B. Meister Hieronymus von Augsburg, der Erbauer des 
deutschen Kaufhauses in Venedig, im Hintergrunde rechts hat 
Dürer seinen Herzensfreund Wilibald Pirkheimer verewigt und 
neben ihm sich selbst. 
Welch ein Gewimmel von Gestalten, und doch alles in 
vollendeter Harmonie gruppiert; welch feierlicher Ernst über dem 
Ganzen, und doch welche Freiheit und welches Leben allenthal— 
ben! Über das alles aber, welcher Sonnenglanz und welche 
Pracht der Farben! Die Feindlichgesinnten unter den Malern 
hatten gehöhnt: „Zeichnen kann er zur Not, aber aufs Malen 
versteht er sich nicht“ — jetzt waren sie stumm: vor solcher 
Farbenherrlichkeit mußte der Spott beschämt den Mund ver— 
schließen. Um so lauter rauschte die Begeisterung, und in ganz 
Venedig redete man die folgenden Tage von nichts als von dem 
Meister Dürer und seiner Schöpfung. — 
Als der Strom der Neugierigen sich verlaufen hatte, trat 
an einem Nachmittag, da Dürer bei dem Marchese Proschi zu 
einem festlichen Gelag geladen war, eine vornehme Frau, von 
einer Dienerin geleitet, in die Werkstatt bei der Rialtobrücke. 
Sie ließ sich vor dem Bild auf einen Sessel nieder und saß lange, 
lange in tiefem, feierlichem Schweigen, als wäre die Malerwerk— 
statt eine Kirche und der Priester läse die Messe. Die feinen 
Hände hatten sich auf ihrem Schoß gefaltet, und die Augen 
glänzten von Thränen.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.