fullscreen: Rituale – Nürnberg, STN, Cent. VI, 43y

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oder frisches abbrechen und nach einigen Tagen als dürres herein— 
tragen. Die Weiber nehmen zu diesen Erkursionen ihre Kinder, 
weun sie auch noch so klein sind, mit, nach und nach sind diese im 
Stande, ihren Eltern im Holzklauben Dienste zu thun. Sobald es 
ihre schwachen Schultern erlauben, schleppen sie unverhältnismäßig 
große Lasten herbei. Unterwegs läßt sich ein kleiner Felddiebstahl 
bewerkstelligen. 
Die Macht des bösen Beispiels wirkt stärker als die des Un— 
terrichts und der Lehre. Von ihren rohen pöbelhaften Eltern schen 
die Kinder nichts Gutes, die Gräuel, die im Innern einer solchen 
Haushaltung vorgehen und das zarte Herz des Kindes vergiften, 
und schrecklich . . .. Der Verfall der Sitten ist unglaublich, ihn auf⸗ 
zuhalten ist die wahre Pflicht, die Schwierigkeiten zu schildern ist 
schwer. Diese Leute wissen die besten Maßnahmen zu vereiteln. Es 
wird ihnen nie an Entschuldigungen fehlen, ihre Lebensweise zu recht⸗ 
fertigen. Macht man ihnen Vorwürfe über die Vernachlässigungen 
der Erziehung, so geben sie zur Antwort: „Bekommen denn aber 
neine Kinder in der Schule auch Brot?“ 
Es fehlt nicht an Beispielen, daß die Eltern ihre Kinder bar— 
barisch züchtigen, wenn sie sich nicht eine bestimmte Summe erbetteln. 
Es ist zum Erstaunen, wie schon solche Kinder die Landleute, welche 
ihnen nicht genug Almosen geben, mit Schmähungen und Schimpf—⸗ 
worten überhäufen, so daß diese die Gabe verdoppeln, um nur die 
Bettler zum Schweigen zu bringen. Als vor einigen Jahren ein 
Bauer iu Kraftshof die Diebe seines Feldbaues anzeigte, drohten sie 
ihm, seine Scheune anzuzünden. Wenige Wochen darauf ging diese 
wirklich in Flammen auf. Dieser Ungluͤcksfall hat eine Furcht, die 
jenes Gesindel trefflich zu unterhalten und benützen versteht, im Um— 
kreis mehrerer Meilen bewirkt. Vom Schulwesen läßt sich allein für 
die Zukunft Veredlung der Menschheit erwarten. 
Es wird wenig für Bildung gethan. Es fehlt den Eltern an 
Bildung, viele Wohlhabende haben sich erst aus der Niedrigkeit er— 
hoben, sie halten sich für klug, weil sie Geld haben. Bisher war 
auch nie Ermunterung für die Wissenschaften da. Der Fürther hatte 
ja kein Vaterland, er wußte nicht, welcher von den Herrschaften er 
angehörte. Überdies fand es jeder für besser, seinen Kindern die 
Kunst oder die Handlung, das Gewerbe lernen zu lassen, welches er 
selbst trieb, da dieselben so am besten Gelegenheit fanden, dereinst 
ein Etablifsement zu begründen, weil ja auch die Lehre nichts kostete. 
Der Flor der Stadt gewann dabei und die Wissenschaften mögen 
wohl nicht viel verloren haben. Die kleinsten Landstädtchen werden 
r Beiträge zu einem vaterländischen, gelehrten Lexikon liefern als 
Fürth.“ 
Was nun die Schulverhältnisse anbelangt, so waren dieselben ebenso 
rostlos. In der Waisenschule urden 850 Kinder in einem einzigen 
Zimmer, in welchem aum 150 Platz hatten, unterrichtet. Die Kinder
	        
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