104
Prinzipiell war die Staatsregierung für die Reform, allein sie wollte
auch keiner Uberstürzung sich schuldig machen, und namentlich kein edikt—
mäßiges Recht verkürzen, daher mußte jede Partei mit aller Schonung ge—
hört und behandelt werden, bis die Wucht der Thatsachen die Erkenntnis
des Besseren sonnenklar stellte.
„Schon im Juni 1829 wurde dem israelitischen Vereinsausschusse die
Neuwahl eines Rabbiners befohlen; wegen Zeitkürze erfolgte Protestation.
Es wurde der Wahltermin bis 1. Oktober 1829 verlängert, mit dem Prä—
judize des Verlustes des Wahlrechtes und der Bestellung eines Rabbiners
auf Gemeindekosten, falls bis dahin die Wahl nicht vollzogen wäre; neuer—
liche Remonstrationen und Abweisungen, ein neuer Wahltermin bis 30. De—
zember 1829 war die Folge.
Nach zwei vergeblichen Wahlen entschied endlich am 24. Dezember 1830
eine wiederholte Wahl sich dahin, daß die beiden Kandidaten Rabbiner
Rosenfeld in Bamberg und Dr. Loewi in Uhlfeld der Regierung zur Aus—
wahl und Selbstbestimmung präsentiert werden sollten. Letztere bestätigte
am 81. Dezember 1880 den Dr. Loewi als Rabbiner in Fürth, fertigte
dessen Bestallungsdekret aus, ordnete seine Installation an und schrieb die
Ernennung im Kreisamtsblatte aus. Auf neuerliche Beanstandungen
erfolgte aber erst am 10. März 1831 die allerhöchste Entscheidung, wonach
die Wahl des Rabbiners Dr. Loewi selbst höchsten Ortes sanktioniert wurde;
nur sollte diese Stellung nach F 26 Abs. 2 des Ediktes vom 10. Juni 1813
keine definitive, sondern eine provisorische sein.
„Am Sonntag, den 20. März 1881 fuhren dem Bestätigten 8 Mit—⸗
glieder des Vereinsvorstandes und 5 des größeren Verwaltungsausschusses
dis Langenzenn entgegen und führten ihn in seine neue Gemeinde ein. Am
Montag, den 21. geleiteten ihn die oͤbigen in seine Wohnung und von
dort in das Kaalsgebäude, wo sich außer dem J. Bürgermeister Bäumen
2 Magistratsräte und neben den kgl. Beamten viele amdere Festgäste ver—
sammelt hatten, und durch die Reihen der männlichen israelitischen Schul—
jugend, welche den Gefeierten mit einem Gedichte beschenkte, ging der Zug
zur Haupt-Synagoge, in welcher ein Choralgesang ertönte, der Wahlkomd
missär unter kräftigen Worten die Vorstellung des Gefeierten und Ver—
pflichtung vornahm, worauf Dr. Loewi selbst die Rednerbühne betrat und
tief ergriffen, wie gleich ergreifend die Pflicht des Seelsorgers gegen seine
Gemeinde und umgekehrt entwickelte, dann seine begeisterte Rede mit dem
Dankgebete für den König und das königliche Haus schloß. Unter dem
Gesange der Schuljugend und einem zweiten Chorale verließ die Versamm—
lung die Hauptshnagoge, und zurückgeführt in das Kaalgebäude, betrat der
— 8* Rabbiner den umfangreichen Kreis seiner künftigen Wirk—
samkeit.
„Der Personalbestand der israelitischen Gemeindedienerstellen war 1820:
Oberrabbiner, 9 Barnossen, 8 Kassiere, 5 Unterrabbiner, 1 Kaalschreiber,
2 Beglaubiger, 1 Hospitalarzt, 1 Wundarzt, 8 Vorsänger, 1 Schulrufer,
1Schulklopfer, 1 Almosendiener, 1 Spitalverwalter, 2 Krankenwärter, 2
Schächter, 1 Scharrinspektor, 2 Scharrschreiber, 1 Scharrdiener, 18 wohl—