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Achtes Kapitel.
Zwei Stunden später hatte sich das große Gemach des
Hauses mit den Anverwandten der Brautleute gefüllt. Alle
brachten ihre Segenswünsche und Gaben dar, welche letztere sich
aber in verhältnismäßig bescheidenen Grenzen halten mußten, da
zufolge eingerissener Übertreibung der Rat der Stadt strenge Be—
schränkungsverordnungen erlassen hatte. Nur den beiden nächsten
Angehörigen war es verstattet, der Braut eine goldene Kette
im Wert von achtzehn Gulden und eine silberne Spange bis
zur Höhe von fünfzehn Gulden zu verehren.
Ein üppiges Mahl hielt die Versammelten bis gegen den
Abend bei einander, und auf allen Gesichtern malte sich freudige
Befriedigung über das bedeutungsvolle Ereignis.
Herr Hans Frey, der wohlhabende und in der ganzen Stadt
hoch angesehene Mann, sah in der Vermählung seiner Tochter mit
dem Sohn des Handwerkers durchaus nicht eine Erniedrigung:
er, der begabte Mann, der selber in allerlei Kunst bewandert
und sonderlich des Sanges und Saitenspieles mächtig war, schätzte
es sich zur Ehre, seine Tochter einem Manne geben zu dürfen,
von dessen künftigem künstlerischen Wirken er die größten Hoff—
nungen hegte. Meister Dürer aber strahlte vor Wonne und Glück—
seligkett in dem Bewußtsein, daß seinem Sohn das Los nicht
lieblicher hätte fallen können. War ihm auch anfänglich in
der ungewohnten Umgebung das Herz etwas beklommen gewesen,
der Druck verlor sich doch gar bald, da er die ungeheuchelte
Leutseligkeit wahrnahm, mit welcher die Vornehmen ihm be—
gegneten.
Am glücklichsten aber vor allen waren die zwei beiden,
welche den Mittelpunkt der Feier bildeten. Ihr langjähriges,
stilles Sehnen war nun gestillt, was sie sich bisher hatten ver—
schweigen müssen, sie durften es sich nun frei und offen sagen:
Ich habe dich von Herzen gern, und mit Entzücken vernahm