sünftes Kapitel. Beim Meister Wolgemut.
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ihm eintrat und sein Anliegen vorbrachte. Er meinte, es habe
sich nun erfüllt, was er schon lange als heimlichen Wunsch in
seinem Herzen getragen, und gab dem Vater die Versicherung,
solcher sein Entschluß werde ihn nimmer gereuen, denn wer
Augen habe zu sehen, der sehe, daß Gott den Albrecht nicht
fürs Handwerk, sondern für die Kunst geschaffen habe.
Etliche Tage später stand der Albrecht zur Übersiedelung
in das Nachbarhaus des Meisters Wolgemut „bei der Schild—
röhre“ gerüstet. Der Vater entließ ihn mit nochmaligen ernsten
Vermahnungen, und die Mutter sprach, indem sie ihm segnend
die Hand aufs Haupt legte: „Geh im Namen Christi.“
Fünftes Rapitel.
Beim Meister Wolgemut. *—
„Was unterfängst du dich, Bube? Laß deinen Vorwitz,
sag ich dir! Meinest du, dieweil du etliches Konterfei daher—
geschmieret, du wärest schon etwas und könntest der Lehre ent—
raten?“
Mit diesen in barschem Ton hervorgepolterten Worten riß
Urban, der älteste der Gesellen Michel Wolgemuts, dem Albrecht
Dürer den Pinsel aus der Hand, mit welchem derselbe, da ge—
rade niemand in der Werkstatt zugegen war, an einem großen
Altargemälde unten an dem Saum des Gewands der Mutter
Gottes etliche leise Striche zog.
„Hier ist dein Platz!“ fuhr er fort, indem er ihn zu dem
Stein hin stieß, auf welchem die Farben gerieben wurden.
„Siehe da, du Wicht, auch die Pinsel sind noch nicht gewaschen,
Stein. Albrecht Dürer.