In Augsburg.
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Vielleicht ist er auch allbereits zur Erkenntnis gekommen und
thuet der Sache Einhalt. Mich dünkt, er ist mehr Fürst als
Bischof, verstehet von der Lehre der Kirche nicht gar viel, wie
so mancher andere, der den Krummstab trägt. Säße er in einem
weltlichen Regiment, so — — —“
Der Sprecher ward hier unterbrochen durch einen Mönch,
der mit einem Gesicht voll Schrecken und Zorn hereingestürzt
kam und rief: „Böse Kunde läuft durch die Stadt: der Löwe
hebt die Tatze, den Adler zu zerfleischen!“
Alles fuhr von seinen Schemeln auf und drängte sich um
den Ankömmling mit der Frage, was das bedeuten solle.
Der Mönch ballte die beiden Fäuste in die Luft und schrie
mit fürchterlicher Stimme: „Wehe dir, Leo, wenn deine Hand
sich mit des Heiligen Blut befleckt! — — Idhr sollt wissen,
meine Brüder, daß von Rom ein Abgesandter des Papstes ge—
kommen ist, der dem Luther den Befehl gebracht, sich binnen
sechzig Tagen vor dem päpstlichen Stuhl zu stellen, das heißt
also, in einem Kerker zu verschwinden und dem Papst dankbar
den Fuß zu küssen für die Gnade, daß er ihn mit dem Feuer
des Scheiterhaufens verschonet hat!“
Alles geriet in die schrecklichste Erregung, die Gesichter
glühten und die Stimmen gingen wild durch einander, denn die
Augustinermönche von St. Ulrich in Augsburg standen alle wie
ein Mann zu ihrem Wittenberger Ordensbruder und waren stolz
auf ihn.
Dürer war gleichermaßen aufs tiefste erschüttert. Er begab
sich bald in sein Losament und legte sich aufs Bett. Da hat
er mit Gott geredet lange, lange und den Gefährdeten dem
Schutze des Allmächtigen befohlen. —
In der Stadt Augsburg gab's in den folgenden Tagen
einen gewaltigen Aufruhr, und der päpstliche Legat bekam einen