Volltext: Albrecht Dürer

In Augsburg. 
185 
Es war am Montag nach dem Tag Johannis des Täufers, 
als Meister Dürer nach der kaiserlichen Pfalz beschieden ward. 
Dem Künstler schlug das Herz laut in der Brust: er sollte 
die Ehre haben, den zu malen, dem das ganze römische Reich 
deutscher Nation gehorchte und für den er, als einen Lieb— 
haber und Gönner der Kunst, noch ganz besondere Hochachtung 
empfand. 
Er trat mit seinem Geleitsmann in den Hof der Pfalz und 
schritt durch die Menge der kaiserlichen Hofbeamten und Diener 
in ihren goldstrotzenden Gewändern dem Portale zu. Die breite 
Stiege hinan ging es durch einen Saal und durch diesen hin— 
durch nach einem kleinen Stüblein, dessen Thür öffnete der Die— 
ner und ließ den Meister eintreten — da stand derselbe vor der 
kaiserlichen Majestät. 
Wie er sich nun ehrerbietig neigte und seinen Gruß dar— 
brachte, trat der Kaiser huldvoll auf ihn zu und reichte ihm die 
Hand. „Seid mir willkommen, lieber Meister! Große Freude 
ist es mir, den mit Augen zu sehen, der mir schon so viel 
Ergötzung bereitet. Wollet denn alsbald ans Werk gehen und 
der Welt den Kaiser Maximilianus im Bildnis zeigen.“ 
Damit setzte er das Sammetbarett auf, legte die Sommer— 
schaube an und ließ sich auf einen Sessel nieder. 
Dürer nahm ein Papier zur Hand und warf mit Kohle 
das fast lebensgroße Brustbild des Kaisers darauf. 
Es war noch keine Stunde vergangen, da neigte sich der 
Künstler gegen den Kaiser und sprach seinen Dank aus, daß es 
ihm vergönnt gewesen, den ersten Mann der Welt zu konterfeien. 
Der Kaiser erhob sich im höchsten Erstaunen. „Wie, Ihr 
habet Eure Sache allbereits vollendet?“ 
Er besah das Papier, da schaute ihn in genialer Ausfüh— 
rung sein Bildnis an, so treu, so lebenswahr, daß ihm ein Ton
	        
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