seunzehntes Kapitel. Auf der Hochebene des Meisterruhms. 139
Keunzehntes Rapitel.
Auf der ßochebene des Meisterruhms.
Wie ein Träumender war Meister Albrecht Dürer nach sei—
ner Heimkehr eine Zeitlang umhergegangen. Alles war ihm
fremd geworden, die Arbeit wollte ihm nicht von der Hand.
Aus dem sonnigen Süden, wo er länger als ein Jahr geweilt
war, in den kalten Schnee und unter den bleiernen Himmel
des Nordens zurückversetzt, mußte er erst Zeit haben, sich wieder
zurecht zu finden.
Zwar das Wiedersehen mit den Seinen war ihm wie ein
Seelenbad gewesen und hatte ihn tiefinnerlich erquickt, besonders
hatte er sich erfreut an seinem jüngsten Bruder Hans, welcher
mittlerweile in der Werkstatt des alten Meisters Wolgemut den
Beweis geliefert hatte, daß in ihm ein tüchtiger Künstler stecke,
von dem zu hoffen war, daß er unter der Anleitung des ältern
Bruders sich noch schöner entwickeln und demselben ein weidlicher
Gehilfe werden würde. Wenn aber so die Heimat dem Zurück—
gekehrten eine gewisse Leere in seinem Herzen ausfüllte, dem
Künstler fehlte doch etwas: der Schaffensfreudigkeit mangelte
der Trieb und die Spannkraft.
Im März kam wieder ein Auftrag von seinem alten Gön—
ner, dem Kurfürsten Friedrich von Sachsen, welcher ein neues
Tafelgemälde von ihm begehrte, und zwar denselben Gegenstand,
welchen Dürer eine Reihe von Jahren zuvor als kleinen Holz—
schnitt behandelt hatte: die Marter der Zehntausend unter König
Sapores von Ungarn, in großer, farbiger Ausführung. Dürer
faßte wohl den Plan und zeichnete den Entwurf, aber er fühlte
in sich nicht die zum guten Gelingen nötige Gemütserhebung
und schob die Arbeit immer wieder beiseite.