30 Michels, Zur Geschichte des Nürnberger Theaters im 16. Jh.
26. Juli 1527 Singschulen der geistlichen Lieder ohne weiteres
genehmigen durfte, einzuholen war. Übungen und Auf-
führungen im engeren Kreise (bis 1540 in der ‘Poeten-
schul’? vgl. Verlass vom 13. Januar 1528. R. V. 1527. 10.
S. 14) fanden sicherlich auch ferner statt. Nun könnte man
ja meinen, dass von 1546 an die Meistersinger die fast
stets ertheilte Erlaubniss für das Abhalten einer Singschule
vor grösserem Publicum nicht mehr eingeholt hätten, oder
dass die Bürgermeister dieselbe als etwas Selbstverständ-
liches nicht mehr in die Protocolle hätten aufnehmen lassen.
Die berührten Zeitverhältnisse machen‘ diese Annahme völlig
unwahrscheinlich... (Die letzte Genehmigung schärft auch
len Meistersingern ausdrücklich ‚ein, ‘dass sie niemand
schmehen sollen’.) Man wird also das Factum so zu deuten
haben, dass das Interesse des Publicums an den Sing-
schulen erlahmt war und die Meistersinger, hauptsächlich
offenbar auf Hans Sachs’ Veranlassung, sich ein anderes
Feld für ihre Thätigkeit aussuchen mussten, auf das sie,
wie es scheint, auch durch die Erfolge Jörg Frölichs hin-
gewiesen wurden, der schliesslich geradezu der ‘Comedi-
spieler’ heisst und wohl als der erste regelrechte Theater-
lirector gelten darf. Hier finde ich auch die wahre Er-
<lärung dafür, ‘dass Hans Sachs gerade auf der Höhe seines
Wirkens von 1546—1555 einen neuen Ton nicht mehr er-
funden hat’.?) Übrigens scheinen die letzten der mit-
3) Hans Sachs’ Werke hg. v. Arnold 1, XXII.
Es ist nicht unmöglich, dass man auch eine Mittheilung Baa-
ders (Anzeige f. die Kunde deutscher Vorzeit 1862 Sp. 8 f.) hier heran-
ziehen darf. Am 20. December 1580 wird den Meistern das Singen an
hohen Festtagen nach alter Gewohnheit wieder gestattet. Daraus
folgt, dass es eine Zeit lang abgekommen war. Wie lange und wes-
halb, wissen wir nicht; eine ausgedehntere Kenntniss der Rathsacten,
als ich besitze, würde vielleicht. Klarheit schaffen. Baader macht dazu
nun allerdings folgende Vorbemerkung: “Noch zu Lebzeiten des H. Sachs
and namentlich nach seinem Tode, durchbrach der Meistergesang nicht
selten die engen Schranken, in denen ihn der Zeitgeist (?), Zucht, Sitte
und Gewohnheit festgehalten hatte. Er verliess die bisherigen Pfade
und ergoss sich in weltlichen Liedern, die bei einem hochweisen Rathe
nicht selten Anstoss und grosses Ärgerniss erregten. Dieser warnte
und mahnte, und als er damit nichts ausrichtete, wurde das Abhalten
ler Singschule und der Meistergesang gänzlich verboten. Veit Fessel-