Metadaten: Albrecht Dürer

Erstes Kapitel. 
Es war still in dem Gemach, feierlich still. In der ge— 
räumigen Fensternische waren einander gegenüber zwei hölzerne 
Sitzbänke an der Wand befestigt. Auf der einen saß der Herr 
des Hauses, der Goldschmied Meister Albrecht Dürer, ein Mann 
im Beginn der fünfziger Jahre. Ruhe und Würde lagen auf 
dem ausdrucksvollen Gesicht, die kleinen hellbraunen Augen 
schauten klug und planend in die Welt hinein, und um den edel— 
geformten Mund spielte ein Zug von männlicher Entschlossenheit. 
Ihm gegenüber saß eine Frauengestalt von jugendlichem 
Alter, in der Mitte der zwanziger Jahre stehend, mit einem 
Gesicht wie milder Sonnenschein, rundwangig und zart gerötet, 
umflossen von lichtblondem Haar und erleuchtet von zwei himmel— 
blauen Augensternen. Das war Frau Barbara, Meister Dürers 
Ehgemahl. Auf ihrem Schoße schlummerte ein Säugling, und 
zu ihrer Rechten stand ein Büblein von drei bis vier Jahren, 
während ein anderer, sechsjähriger Knabe neben dem Vater auf 
der Bank saß. 
Auf dem Knie des Meisters lag ein großes, in braunes 
Leder gebundenes und mit silbernen Spangen zusammengehaltenes 
Buch, daraus hatte der Hausvater mit seiner Hausgemeine den 
Abendsegen gehalten. Eben hatten sich die Knechte und die 
Magd entfernt, und die Familie saß noch da in schweigender 
Andacht. Der Meister hatte das Gebet kurz abbrechen müssen, 
da er durch das mit ölgetränktem Papier überzogene Fenster die 
Buchstaben wegen der schnellen Dunkelheit nicht mehr hatte 
erkennen können. 
Nach einer Weile bedeckte der Alte das während der An— 
dacht entblößte Haupt mit der braunen Kappe und legte dann 
seinem Ältesten, der nach ihm den Namen trug, die Hand auf 
das lockige Haupt. „Du hast nun heute dein sechstes Lebens— 
jahr erfüllt, mein lieber Albrecht. Gott sei dein Schirm und
	        
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