Freiherr v. Hacke.
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Anzeigers, sowie das Datum, unter welchem sie geschehen, ent—
halten. — Art. 63a. Eine mit den vorbemerkten Eigenschaften nicht
versehene, oder von einem völlig Unbekannten herrührende, oder sonst
mittels Pasquills, Schmähschrift oder sonst rechtswidrig erhobene
Anzeige ist ohne Wirkung.
Diese unzweideutigen gesetzlichen Bestimmungen aber trat man in
München mit Füßen. Der badische Staatsminister Freiherr von
Hacke domizilierte damals zu Steinbach, bayr. Landgericht Karlsstadt,
uind so requirierte man dieses Gericht, den genannten Herrn zu ver—
nehmen, ein Ansinnen also, das vom Justizministerium selbst als
formell unzulässig“ anerkannt war! Man braucht sich nur flüchtig
in die ersten Monate von 1834 zurückzuversetzen, um v. Hackes Ent—
rüstung zu verstehen, als die richterlichen Lakaien in Steinbach ihm
am 16. Februar uneidlich, das heißt: bereits als verdächtigt!),
die empörende Frage stellten: „Es liegt amtlich vor (amtlich lag
nichts vor!), daß Euer Excellenz über die Abstammung und Geburt
Kaspar Hausers Auskunft zu geben im Stande seien; wollen Sie
daher dasjenige, was über Hausers Geburt und frühere Schicksale
Aufschluß zu geben geeignet und Ihnen bekannt ist, umständlich und
bestimmt angeben.“ Der tief gekränkte v. Hacke berief sich einfach
auf die uns schon bekannten Artikel und verweigerte mit vollstem
Recht seine Vernehmung. Da er, wie amtlich festgestellt worden ist,
den 3. April 1834 an einer Lungenlähmung starb, konnte er nicht,
wie das Appellgericht am 21. März noch angeordnet hatte, weiter
belästigt werden. In einer nach seinem Tode aufgefundenen Notiz
lesen wir, daß sein Denunziant „entweder ein Verrückter, oder ein
tückisch boshafter Mensch sein müsse“.
Das Jahr 1834 war begreiflicherweise außerordentlich fruchtbar
an Kasparromantik, und da auch dieses Futter für das Sensations—
1)J Nach dem Stande der damaligen Strafprozeßgesetzgebung war die Regel,
daß an sich nicht untüchtige Zeugen vereidigt werden. Dagegen sollten solche,
„welche der. Mitschuld oder, daß sie selbst das Verbrechen begangen haben, ver—
dächtig sind, zwar zur Erkundigung vernommen, jedoch nicht vereidigt
werden“ (Art. 211 Th. II des schon citierten Strafaesetzbuches).