II. Die Festtage 46—
„so ergreift er durch seine sinnige Zartheit und reißt mit sich
fort durch seine sittliche Kraft und markvolle Beredsamkeit:
sie schöpfen beide aus dem unversieglichen Jungbrunnen der
Natur. Und so gemahnt uns Hans Sachs noch oft an seinen
Mitbürger. Allein ich darf den Vergleich nicht weiter ver—
folgen, genügt doch die kurze Spanne Zeit kaum, des einen
Bedeutung zu zeigen.
In dem Jahrhunderte, an dessen Ausgange Hans Sachs
geboren wurde, ist viel geschehen: es war ein Grünen und
Blühen, aber nicht wie im Frühlinge, da die Pracht des ver—
gangenen Jahres wieder emporsprießt, sondern von allen Seiten
drängte sich Neues heran, neue Anschauungen, die an der alten
Stelle traten. Gerade Nürnberger Bürgersinn war es, der
freigebig der neuen Astronomie Instrumente gewährte, sodaß
sie den Weltenraum genauer als früher durchforschen konnter);
zu ihr gesellte sich eine Philosophie, die die neugewonnene
Naturauffassung zu erweitern versuchte. Das alte Wunderland
des Ostens wurde auf einem bequemeren Wege erreicht als
vordem, die andere Halbkugel der Erde wurde entdeckt, ein
neuer Ozean erschlossen. Neue Erfindungen eröffneten unge—
ahnte Weiten, schärften den Blick und mehrten die Mittel des
Fortschritts. Künste und Wissenschaften lebten wieder auf—
Das alte Europa sah ganz neue Staatengebilde entstehen,
freilich nur nicht in Deutschland, hier war das Reich krank,
blöde und schwach, an keinem Ende Friede, hier haderten die
Städte mit den Fürsten, und die Fürsten selbst hielt kein
Band der Eintracht zusammen. Die Osmanen machten die
Hauptstadt des oströmischen Reiches zum Sitz ihres Sultanats
und immer mehr bedrohten sie die Christenheit. Die christliche
Kirche aber verlangte eine Reformation an Haupt und Gliedern;
diese Forderung wird in dem Jahrhunderte der Konzilien aus“
) Der reiche Nürnberger Bürger Bernhard Walter wurde von
dem großen Astronomen Johannes Müller Regiomontanus) für die Astro—
nomie gewonunen und schaffte mit großen Kosten Instrumente an.