Objekt: Anselm von Feuerbach, der Jurist, als Philosoph

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gekleidet hat, nicht minder wie die tiefe Wahrheit, die ın ihnen 
wohnt. Denn, wenn auch äussere Momente, wie die Verfassung 
eines Volkes, die Einrichtungen zu seiner Verteidigung, seine 
wirtschaftliche Lage von gewaltigem Einfluss auf sein Schick- 
cal sind: mehr wird vermögen der Geist, der es be- 
seelt. Wir brauchen nicht zurückzugehen bis in die Zeit, da 
einfache Bauernhaufen Ritterheere besiegten. Auch im Feld- 
zuge des Jahres 1870/71 fochten die deutschen Heere vielfach 
mit schlechterer Bewaffnung gegen die Franzosen — und von 
welch ausschlaggebender Bedeutung der Geist eines Volkes ist 
für seine Erfolge, dafür zeugt ın unseren Tagen der russisch- 
japanische Krieg. Denn au ch von Völkern gilt, was 
jener Römer dereinst sagte: „Sui cuique mores 
fingunt fortunam” ... 
Die Annahme eines Weltgeistes und eines Naturplanes 
führt Feuerbach auf eine höchst interessante Abweichung. von 
Kant!): Sobald wir bei allen Begebenheiten und Handlungen 
der Menschen einen bestimmten allgemeinen Zweck und einen 
festen Naturplan voraussetzen, Muss jede Begebenheit, welchen 
Namen sie auch habe, auf irgend eine Weise wohltätig für das 
Menschengeschlecht sein. Jede muss „auf den, Zweck, den die 
Natur mit der Menschheit im ganzen vorhat, und welcher zu- 
nächst Ausbildung aller Fähigkeiten ist, notwendig hinwirken. 
Das Schrecklichste, das Zerstörendste muss eine Stelle ın 
diesem Naturplane einnehmen. Nichts kann von allen Seiten 
böse, gefährlich, zerstörend, alles muss, von einer Seite wen1g- 
stens, auf den Zweck der Menschheit ım ganzen gerichtet sein. 
Und dass dies wirklich so sei, lehren uns die Data der Men- 
schengeschichte, wenn wir sie nicht bloss mit flüchtigem Blicke 
betrachten, sondern ihren wechselseitigen Nexus und. ihre 
Folgen mit philosophischem Geist untersuchen, und in weltbür- 
gerlicher Hinsicht in der Geschichte forschen. So 1st z. B. 
der Krieg eine der schrecklichsten Erfindungen 
des menschlichen Geistes. Abersosehrsieauch 
die Menschheitlastetund auält. erzeugtsie den- 
5) „Ueber die einzig möglichen Beweisgründe gegen das Daseyn und die 
Gültigkeit der natürlichen Rechte“ v. A. v. Feuerbach. S. 37/38. Es ist hier 
unzweifelhaft die Priorität dieser Idee auf Feuerbachs Seite, da er dieselbe be- 
reits 1795 niedergeschrieben hat. 
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