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blühen also im Inneren Spuren von Verfall der alten
Ordnung und Zunft. Mit dieser einmaligen Mahnung
vom 28. VII 1507 ist es aber nicht getan. Noch am
16. IX. muss der Rat nach Gewährung der erbetenen
Lehrjungen dem Handwerk sagen lassen das sy yemandt
zu geschwornen zeichenmeistern den herrn beym
pfendter anzaigen damit hinfüro auff das zaichen werd
gearbait; dem söll auch stattlich nachgegangen werden
‘HA. 774). Erinnern wir uns, wie am Ausgang das ab-
gelaufenen Jahrhunderts ausführlich über Art und Weise
des Zeichnens gehandelt worden War, So muss uns das
Unterbleiben dieser für den Rat im Interesse der
Kontrolle so wichtigen Massregel wundernehmen.
Bezeichnend für die ihr tatsächlich vom Rate bei-
gemessenen Bedeutung ist der Zusatz dem söll auch
stattlich nachgegangen werden, nämlich dass auch
wirklich auf das Zeichen gearbeitet wird. Wir sehen
also, wie der Rat mit sicherem Instinkt einer Bewegung
einen Riegel vorschiebt, welche ihm die Oberaufsicht
über den Betrieb eines der wichtigsten Handwerke
entgleiten zu machen drohte. Haben wir bisher schon
den Eindruck gewonnen, dass in dem kräftig auf-
strebenden Handwerk allerlei Kräfte an der Arbeit
waren, welche, vielleicht unbewusst, auf die Eman-
zipation von der staatlichen Bevormundung abzielten,
so überrascht ein Verlass vom 24. XI. des gleichen
Jahres nicht, der offenbar durch zünftlerische Regungen
verursacht worden ist: die platnerknecht sol man be-
schicken und ain yeden in sonnders hören, was sy des
handtwercks halben für conspiration gemacht haben
und herwider kommen lassen (H. 775). Ich glaube, es
ist nicht dem Texte Gewalt angetan, wenn ich heraus
lese, dass in den Kreisen der Gesellen eine Bewegung
im Gange war, die eine Änderung der Stellung des