fullscreen: Von 1520-1534 ([2. Band])

bilden; sie fand ihr besonderes Organ in den Fastnachtsspielen, 
die in Nürnberg mit besonderer Vorliebe gepflegt wurden. In 
kecker Weise werden darin die Schäden des Staates und der 
Kirche behandelt, wenn zum Beispiel der „grossmächtige türkische 
Kaiser“ in eigener Person den Reichsständen ihre Sünden 
vorhält. 
Unter solchen Umständen war es natürlich, dass ein refor- 
matorischer Geist hier besonders früh um sich griff. Als im 
Frühjahr 1516 ein Ablass verkündet werden sollte, wurde der 
Legat von den Bürgern bereits verspottet wegen der Netze, die 
er den Christen stelle. Der Rat selbst fand die Artikel der 
Ablassbulle, die ihm von der Ablasscommission mit der Bitte 
um Zulassung zugestellt wurde, „einander widerwärtig und also, 
dass das Führnehmen mehr zur Verführung des gemeinen Volkes, 
denn zu einiger Förderung ihrer Seelen diene“. Er beauftragte 
daher den Ratsfreund Groland, beim Kaiser ein Verbot dieses 
Ablasses zu erwirken!). Man erreichte wenigstens durch die 
vielen Hindernisse, die der Sache in den Weg gelegt wurden. 
lass die Commission abzog. 
Ebenso widersprachen Rat und Geistlichkeit 1518 einer 
neuen Ablassverkündigung mit Berufung auf den Ordinarius der 
Diöcese Bamberg, der Nürnberg zugehörte, den staatsklugen, 
humanistisch gebildeten Bischof Georg Schenk von Limburg. 
Schliesslich gestattete der Rat den Ablass wahrscheinlich, um 
vom Papste die Erlaubnis zur Verfolgung von Totschlägern in 
die Kirchen zu gewinnen. Ein neuer päpstlicher Ablass wurde 
November 1518 nach einer Anfrage beim Bischof verkündet; 
der Rat jedoch wohnte der Verkündigung nicht bei. 
Aber auch in positiver Weise äusserte sich bereits vor 
Luther’s entscheidender That ‘der reformatorische Geist. Seit 
Herbst 1516 predigte Staupitz oft im Augustinerkloster über 
die göttliche Gnadenwahl und die Rechtfertigung. Die gewaltige 
Wirkung seiner Predigten zeigt die ausgebreitete Correspondenz 
Dr. Scheurl’s, des berühmten Rechtsconsulenten des Rates. Auch 
wenn wir die überschwengliche, rhetorische Ausdrucksweise 
dieses Humanisten in Betracht ziehen, ergiebt sich aus seinen 
Mitteilungen genug. Die Kirche fasste kaum die Menge der 
Zuhörer; die Predigten erschienen sogleich deutsch und lateinisch 
im Druck %. Merkwürdig ist es, dass in Nürnberg die Patricier 
die neue Lehre mit Eifer ergriffen, während sie sich in den 
anderen Städten derselben widersetzten. Eifrig folgte man der 
‘) Strobel, Miseell. 3, S. 47. 
?) Scheur!’s Briefbuch, herausgeg. von Soden und Knaake, 2. Januar 
1517, an Imther S. 1: & Jannar 1518. an Güttel S. 48.
	        
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