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nur zu dem einen. Zu gern ging sie am Arm des
stattlichen Jugendfreundes alle Mittwoch unter den
blühenden Kastanienbäumen des Zwinger bei der
brausenden Musik auf und ab, und das Neunuhr—
läuten, das die Damen zum Aufbruch mahnte, kam
immer zu früh.
Während die Väter sich dann noch bis zur
Polizeistunde zum gemütlichen Tarock zusammensetzten,
versäumte Christoph nie, die Damen Feldmann bis
zum Stadthaus zu begleiten, das sie an solchen
Abenden aufnahm.
Mutter Josephine und Anne gingen unter
Josephs Schutz nach Hause. Anne war sich wohl
bewußt, in dem Kreis der jungen Leute als Blau—
strumpf zu gelten, sie wußte daß ihre Alters—
genosfinnen sie für überspannt hielten und deren Mütter
sie unweiblich schalten, aber sie kannte nur einen
Richter, zu dem sie in unbegrenzter Verehrung auf—
sah, das war ihr Vater. Und sie drängte sich zu
ihm, an seine Seite, in seine Gedankenwelt. Und
er gewöhnte sich allgemach daran, mit seiner
„kleinen Anne“ zu plaudern wie mit einem guten
Kameraden. Sie wollte nichts anderes und wünschte
nichts anderes.
Während Antonie in ihrer stillen Art ihr junges
Herz ganz dem Jugendfreund schenkte und unter
seinen korrekten Aufmerksamkeiten in holder Jugend—
lichkeit erblühte, während die Töchter der bekannten
Familien ihre ersten und zweiten Lieben absolvierten,
gehörte Annes ganze Leidenschaftlichkeit dem Vater.
Frau Rottmann schien ihre eigene Jugend in
der Tochter aufzuerstehen, nur daß Anne viel for⸗
dernder, viel zielbewußter war und daß ihr Wünschen