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Er sucht die Sitte auch in seiner Heimat einzubürgern und huldigt
ihr in den ersten Jahren mit sichtlichem Stolze, bis ihn die Er-
fahrung belehrte, dass der Erfolg die angewandte Mühe nicht lohne.
In der Wahl des grossen Massstabes liegt aber nicht der einzige
Wiederhall Italiens. Wir erinnern uns, dass die in ihm ruhende
Freude an mächtigen, kraftvoll bewegten Formen durch die Kenntnis
Mantegnas gezeitigt wurde. Dieses Vorbild wirkt noch länger nach.
Bei dem Sohne des Nordens knüpfte sich aber unwillkürlich daran
ein phantastischer Zug. Der nordischen Volksscele hängt leicht die
Neigung an, das rechte Mass zu überschreiten. Wir steigern gern
das Grosse zum Riesigen, wandeln das Mächtige in das Unheim-
liche und lassen die kräftige Empfindung an die Grenze finsteren
Ernstes fortschreiten. Solcher Neigung bot die Apokalypse reich-
liche Nahrung. Insofern darf man annehmen, dass persönlicher
Kunsttrieb Dürers Wahl bestimmte. Es waren aber gewiss auch
äussere Umstände mitthätig. Seit mehreren Menschenaltern hatten
Pestilenz und Türkennot die Gemüter aufgeregt und mit finsteren
Ahnungen erfüllt. Der Tod offenbarte sich als unerbittlicher Herr
und Gebieter, dem Frommen und Gläubigen schien das Reich des
Antichrist drohend zu nahen. In diesen Zeiten kamen die Toten-
tanzbilder auf, es gewannen für die arg geängstigte Menschheit die
Visionen der Apokalypse neues Leben. In den Blockbüchern, den
Tafeldrucken, in welchen Bild und ein kurzer Text aus einem Holz-
blocke zusammen geschnitten wurden, stossen wir wiederholt auf
ausführliche Darstellungen aus der Offenbarung. In Nürnberg wurde
eine solche Bilderfolge noch um das Jahr 1460 hergestellt. Nicht
minder beliebt waren die apokalyptischen Bilder in den illustrierten
Bibeln. So sparsam die Kölnische Bibel 1480 und die Nürnberger
bei Koburger gedruckte Bibel 1483 die Bücher des Neuen Testa-
mentes mit Holzschnitten schmücken, so eifrig sind sie darauf be-
dacht, die Visionen der heimlichen Offenbarung durch Bilder an-
schaulich zu machen. Dürer durfte demnach für sein Werk auf die
Teilnahme weiterer Kreise hoffen.
Bei der Auswahl der Szenen hielt er sich im ganzen an die
Nürnberger Bibel. Doch war er weit entfernt, etwa ihre Bilder
nur in grösserem Massstab zu wiederholen, auf eine selbständige
Durcharbeitung der einzelnen Szenen zu verzichten. Er ging viel-
mehr vom genauesten Studium des Textes selbst aus, suchte die
Worte desselben in greifbare Formen zu fassen und verlieh ausser-
dem jeder Darstellung das Gepräge seines persönlichen Geistes.