Die Formen der Meifterlieder. 103
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Wir Haben hier von der legten Strophe mur den „Abgefang“
mitgeteilt, defjen lebte beiden Verszeilen ihren Bindereim fhon in den
vorausgegangenen Stollen Haben.
Das ganze aus zwei oder mehr Strophen beftehende Lied nannte
man Bar oder Par, was jedenfall aus dem Iateinijchen par, das Gleiche
oder die Gleichheit, abgeleitet war*). Denn nicht nur innerhalb einer
Strophe mußten fo und fo viele Neimzeilen mit einander völlige Gleich:
heit in der Silbenzahl haben, fondern auch die Strophen oder „Sefäbe“
mmßten mit einander in der Silbenzahl der verfchiedenen Verslängen
und in den Reimftellungen genau mit einander übereinftimmen. In der
einzelnen Strophe oder dem „Gefäß“ be3 ganzen ParZ oder Liedes ift
nun zunächit der Stollen die Grundform oder das Grundthema, an
welches fich dann, noch in Dderfelben Strophe, der Abgefang fchließt,
der eine andere Versform umd Melodie hat, um danır wieder zum Schluß
der Strophe zur Stollen-Melodie zurückzukehren. Da das Meifterlied
au3 dem gleichzeitigen Zufammenwirfen von Dichtung und mufikalijcher
Kompofition bejtand, fo wurde jede befondere VerSform und Melodie
einfach al8 der „Ton“ bezeichnet. Die genauere Bezeichnung des „Tons“
gehörte dem Erfinder desfjelben an 1umd wurde bei der Bezeichnung der
Sejangsweifje immer mit feinem Namen zufammen genannt, wie: „im
fangen Ton Marner8“, „in kurzen Zon Miüglings“, im „Kofenton“
oder „qülden Ton Hans Sachjens“ u. ]. w. Ein prinzipieller Unter:
jchied zivijchen „Ton“ und „Weife“ befteht nicht; und die „Schrank
weije Hans Folzen“, die „Silberweif“, „Miorgenweif“ und „Spruch:
weif Hans Sachjen“ bezeichnet eben]o wie der Ton die befondere
VBersform mit der dazır gehörenden Melodie. Die Zahl der „Sefäte“
(Strophen) eineS Liedes war nicht befhränkt; man fonnte deren fo viel
geben, „al® man {fingen mag“, das Heißt: al3 der behandelte Stoff
erforderte. Unfere männlichen Neime, alfo foldhe, die mit einer Hebung
oder jhwweren Silbe {chließen, werden „ftumpfe“ genannt, die weiblichen
Reime aber „flingende“. Die Reinwerfchlingungen und die verfchiedenen
Verslängen waren außerordentlich mannigfaltig und geftatteten zahllofe
verjchiedene Formen in Der ganzen DichHtungsart. Einzelne Zeilen inner-
Halb eines SGejäßes konnten auch leer ftehen, das Heißt ohne entfprechende
Neimzeile, und foflche nannte man „Wailen“. Sie Itehen aewiöihnlich
*) Hans Sachs fhrieb anfänglid ganz richtig Par und hat fih erft in fpäterer
Reit dem Spracaebrauche Bar aefitat.