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aufzutreiben war, nahm er auf einer Wagenleiter Platz, die man
über einen toten Schimmel und eine zufällig vorgefundene
Dezimalwage gelegt hatte. Noch immer war man über den Aus—
gang der Schlacht im ungewissen. Da sprengte Moltke heran und
meldete: „Majestät, wir haben gesiegt. Der Feind ist geworfen.“
„Gott sei Dank“, erwiderte der König, während die Anwesenden
in ein lautes Hurrah ausbrachen. Sofort diktierte er Bismarck
ein Telegramm an die Königin.
So war nun auch der zweite Kriegsplan der Franzosen zu
nichte geworden und Bazaine in die Festung Metz zurückgeworfen,
das nunmehr von der ersten und einem Teile der zweiten Armee
unter dem Prinzen Friedrich Karl eingeschlossen und belagert
wurde. Die dritte Armee des Kronprinzen und eine vierte,
welche aus dem andern Teile der zweiten Armee, der Garde
und den Sachsen gebildet und unter den Oberbefehl des Kron—
prinzen Albert von Sachsen gestellt wurde, sollten, in westlicher
Richtung vorrückend, das Heer Mac Mahons angreifen, bei
welchem sich jetzt auch Napoleon befand. Ganz unerwartet zog
dieser aber mit seinem Heere statt nach Paris, von Chalons aus
nach Rheims, um von da in einem Bogen an die belgische Grenze
und dieser entlang wieder nach Metz zu kommen und sich mit
Bazaine zu vereinigen. Aber auch dieser dritte Plan mißglückte.
Denn die III. und IV. Armee machten nun eine Schwenkung
nach Norden, drängten das Heer Mac Mahons in die Gegend
von Sedan und nötigten es dort zur Schlacht. Am 1. September
stand das französische Heer vor der Festung Sedan, zum Ent—
scheidungskampfe bereit. Aber die dritte Armee von Westen, die
vierte von Osten her drängten es, in hartem Kampfe, aber un—
aufhaltsam vorrückend, immer enger zusammen. Die Franzosen
kämpften mit verzweifelter Tapferkeit; todesmutig warfen sich ihre
Reiterregimenter auf der Höhe von Floing gegen die deutsche
Infanterie, ihr Angriff brach sich an der unerschütterlichen Kalt—
blütigkeit ihrer Gegner. Einzelne Abteilungen, bei ihnen auch
Napoleon, versuchten den eisernen Ring zu durchbrechen, der sich
immer enger um sie zusammenschloß. Es war alles vergebens.
Als an dem herrlich blauen Himmel die Sonne sich zum Unter—
gang neigte, da sandten hundert und aber hundert Geschütze, auf