Volltext: Mein Kriegs-Tagebuch vom 29. Juli bis 1. September 1870

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24. Anguft. 
Beim AYbmarfh von Culey brücte und Füßte der ftolze Gallier uns die 
Öand, alles von megen des NMidtnehmens feines einzigen Stallbewohner8. 
Mit Lebensmitteln waren wir Hinlänglih ausgerüftet, der Tag war nicht zu 
heiß, der Staub durch den geftrigqen Regen gelöicht, heute Fonnte eS wieder 
inmal gehen. 
Die Divifion fammelte fiH zunäcft an der Straße Ligny — DBarle-Duc, 
worauf der Marfch auf Lesteres angetreten wurde. 
Bar Ice Duc, eine Stadt mit 16-—20,000 Einwohnern, it mit regel- 
mäßigen Straßen und gutem Pffajter verfehen. In der Hauptkirde, die ein 
ihönes Gebäude genannt werden Kann, fol fi etwas von einem Schüler 
Michael Angelo’3 befinden; was aber das betreffende Kunfimerk eigentlich vor- 
jtellen jollte, darüber Konnte ih aus der Funfterklärenden Veichreibung des be: 
treffenden Eingebornen nicht ug werden. 
In Barney machten wir Halt und führte Bas Schieffal ung zum dor- 
tigen Schullehrer, der feiner Wohnung nach in, wenig gefagt, dürftigen Um: 
itänden lebte. 
Ih fand hier Gelegenheit, mich etwas über das franzöjijdhe Landjhul- 
wefen zu orientiren. Die Schulhäufer find durhgehend8 gut gebaut und Haben 
Helle, gefunde Lehrzimmer; dies ift aber vielleicht das DBefte an der ganzen 
Schule. Al Lehrmittel hing in der Schulitube eine Karte von Hrankreich 
aus dem Kahre 1835, fage achtzehn Hundert und fünfunddreißig, und eine 
warte des Departement8, aus einer ungefähr zehn Jahre i{bväteren Zeit 
itammend. 
„Halten Sie demn jebt aud Schule“, fragte id den Präzeptor. „DS nein. 
Biele Leute find mit ihren Kindern fort und die Kinder, die noch da find, 
ireuen fih des Kriegs, der Lehritunden unurSgliH madt.“ 
„Frankreid3 Jugend, Frankreichs Hoffnung“, dachte id mir und bvifitirte 
die Bibliothek. Ein Detionaire de poche nach der großen Ausgabe des Afas 
demie: Wörterbuchs, einige Iugendjhritten und Schulbücher bildeten den willen: 
jchaftlichen und pädagogiichen Theil Dderjelben (die jedoch Privateigenthum, 
nicht eigentlig Schulbibliothef mar), das andere waren mobdernifirte Kitter:, 
Räuberz, Seifter: und WildldHügen-Sefdhihten aus allerdunkelgrauejter Vorzeit, 
Der Mann, Inhaber einer umfangreiden Familie, bot Alles auf, um uns 
zufrieden zu jtellen, mir dagegen, dies anerkennend und feinen Nichtreichthum 
mohl einfehend, baten ihn, Keller und Küche zu fhonen und Iuden ihn felbft 
zu unjerm aus Barzle:Duc hHerbeigefchafften Weine ein. Mit Hıilie der Haus: 
jrau wurden indeffen die Borbereitungen zu einen NAbendefien vorgenommen, 
6i8 zu deffen Herftellung ih einen Rundgang durch Das, nebenbei qelaat, rein: 
ide Dorf madte. 
Da kam in geftretem Galopp unjer Markedenter Herangefahren, hinter: 
drein Soldaten, die ihr Geld nicht mehr jOleppen KFonuten und dasfelbe über 
die Klinge [pringen Laffen wollten. 
Die Zahl der dies Wollenden wurde inımer größer; als aber der Wagen 
hielt und dem Markedenter in vielfacher Anzahl die Slajhen zum Füllen 
gereicht murden, da rief er mit Stentorftinme den Unglücklihen die uteder: 
beugenden Worte zu: „Meine Herren, nix wie Schwefelhölzer.“ 
„Bezwinge den Durit nad äußerem Sut“, war wieder das Schlagwort, 
brauchte e8 jedoch nicht jehr lange zu bleiben, denn e& kam bald ein ziemlich 
inhaltäldhweres Faß mit Wein zur Vertheilung
	        
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