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Cinundzwanzigstes Kapitel.
seine Schritte westwärts nach dem Platz am Tiergärtner Thor
und that an die Pforte des Dürerschen Hauses die üblichen drei
Hammerschläge mit dem Klopfer.
Der Meister, welcher ihn über den Platz hatte kommen
sehen, war die Stiege hinabgeeilt und öffnete ihm selbst.
Beide Männer maßen sich mit prüfendem Blick, und in
den Mienen eines jeden war die Achtung zu lesen, mit welcher
man sich gegenseitig betrachtete.
Der Kaiserliche sprach dann seine herzliche Freude aus, den
Mann von Person kennen zu lernen, dessen Ruhm die Welt
erfüllte, und Meister Dürer — ehrerbietig
vor dem, dem es vergönnt war, im Sonnenschein der kaiser⸗
lichen Gunst zu sitzen.
Stabius bat den Meister, der den hohen Gast in das
Prunkzimmer nötigen wollte, ihn lieber nach seiner Werkstatt zu
führen, und nachdem er nun hier das erschaute Bildwerk mit
den verbindlichsten Worten gepriesen, nahm er neben Dürer auf
einem Sessel Platz und offenbarte demselben, er komme nicht
allein um seinetwillen, den Hochgefeierten mit Augen zu sehen,
sondern auch auf Befehl Seiner Majestät und habe sich eines
Auftrags zu entledigen. „Es ist Euch wißlich, vielwerter Mei—
ster, mit was Fleiß und Eifer der hohe Herr den Wissenschaf⸗
ten und Künsten oblieget, wie hold er ist allem, was den
Geist bildet und das Herz erhebt. Manchem Dichter und Künst—
ler hat er schon einen Antrieb gegeben zu fröhlichem Schaffen
und ihm selber die Wege gezeiget. So trägt er sich nun mit
einem neuen Gedanken zu seiner eignen Verherrlichung: es soll
ein Kunstwerk geschaffen werden, das alles, was bis anher in
dieser Art vorhanden, an Reichtum und Größe überragen soll.
Er nennet es selbst ‚den Triumph“ und will es in zweien
Stücken haben, deren das erste eine Ehrenpforte, das andere