spiel gerade die Zeit unseres Morgensegens ausge—
sucht hatten. Denn soweit geht die Andacht selbst
des brävsten Buben nicht, daß 'er den Hals nicht
reckt, wenn's drunten auf der Straße im Taktschritt
daherzieht oder vorbeitrabt oder vorbeirasselt. Wenn
diese Batterie auch gewußt hätte, wie sie sonst in
unser Leben eingriff, in unser Schulleben! Denn
wenn sie über den Egidienberg einrückte, schaffte sie
uns immer 5 Minuten Extrapause, weil in den nach
dem Platze herausliegenden Schulzimmern vor diesem
Getöse der stärkste Mann sein eigenes Wort nimmer
hörte und wir Buben damals wahrscheinlich in der
Schule auch nicht lauter redeten, als die Jugend
von heutzutage. Und wie dankbar ist ein richtiger
Bub für jede unvorhergesehene Unterbrechung selbst
der liebsten Lehrstunde!
Aber auch sonst war's ein Vergnügen, zum
Fenster hinauszusehen, zumal an den Sonntag—
Abenden oder gar in den Septembertagen, als das
„Sedansfest“ noch auf dem Maxfeld gefeiert wurde
und mancher Patriot auch in seinem Gang verriet,
daß ihn die Wogen der Begeisterung ergriffen
hatten.
Mancher freilich ist da empfindlich und faßt
das Vergnügen, das er seinen Mitmenschen bereitet,
nicht so harmlos auf wie jener, der einst im Dämmer—
licht eines Sommermorgens sich mitten auf dem
Platz aufs Pflaster niedergelassen hatte und mangels
anderer Ansprache mit sich selbst die eingehendste
Unterhaltung pflog. Geheimnisse mußte er nicht
haben; denn seine Worte tönten so laut, daß sie auch
meine Mutter aus dem Schlafe und hinter den
Fenstervorhang lockten. Als er sich endlich ausge—
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