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auch zugegeben werden muss, dass Wagners Sachs unendlich
hoch über das historische Urbild hinaus gewachsen ist.
Ursprünglich jedoch schwebte dem Meister Hans Sachs
keineswegs in solch edler Gestalt vor. Im ersten Entwurf
der „Meistersinger von Nürnberg“ von 1845 erscheint uns
Sachs noch durchaus als ein Alltagscharakter. Im 4. Bande
seiner „gesammelten Schriften und Dichtungen“ schreibt
Wagner selbst: „Wie bei den Athenern ein heiteres Satyrspiel
auf die Tragödie folgte, erschien mir plötzlich das Bild eines
komischen Spieles, das in Wahrheit als beziehungsvolles Satyr-
spiel meinem „Sängerkrieg auf Wartburg“ sich anschließen
konnte. Es waren dies die „Meistersinger von Nürnberg“ mit
Hans Sachs an der Spitze.“ Und ebenda, vorher, S. 348, heißt
es: „Sogleich nach der Vollendung meines „Tannhäuser“ war
es mir vergönnt, zu meiner Erholung eine Reise in ein böh-
misches Bad zu machen. Hier wie jedesmal, wenn ich mich
der Theaterlampenluft und meinem Dienste in ihrer Atmo-
sphäre entziehen konnte, fühlte ich mich bald leicht und fröh-
lich gestimmt; zum ersten Male machte sich eine, meinem
Charakter eigentümliche Heiterkeit, auch mit künstlerischer
Bedeutung merklich bei mir geltend. Mit. fast willkürlicher
Absichtlichkeit hatte ich mich in der letzten Zeit bereits dazu
bestimmt, mit Nächstem eine komische Oper zu schreiben; ich
entsinne mich, dass zu dieser Bestimmung namentlich der wohl-
gemeinte Rat guter Freunde mitgewirkt hatte, die von mir
eine Oper „leichteren Genres“ verfasst zu sehen wünschten,
weil diese mir den Zutritt zu den deutschen Theatern ver-
schaffen, und so für meine äusseren Verhältnisse einen Erfolg
herbeiführen sollte, dessen hartnäckiges Ausbleiben diese
allerdings mit einer bedenklichen Wendung zu bedrohen be-
gonnen hatte.“
Welcher Unterschied nun zwischen dem ersten Gedanken,
dem ersten Entwurf und dem heutigen Werke! In dem
ersten Entwurf finden wir mit Namen bezeichnet nur Hans
Sachs, die Gesellschafterin des Ältesten der Meistersingerzunft:
Magdalena und Sachsens Lehrbube David. Die Handlung
setzt hier ein mit einer Meistersingerversammlung in der
Sebalduskirche (vgl. Hagens „Norica“!). „Der Versammlung
eröffnet feierlich der Alte seine Absicht, das morgende Johannis-