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Auffallend war in unserem Falle die übrigens auch von anderer Seite
beobachtete enorme Blässe der Haut und Schleimhäute ohne jede Cyanose;
so auffallend, dass die Frage, ob es sich um Pulmonalembolie (die Unter-
schenkelthrombose konnte nicht diagnosticirt werden!) oder um eine innere
Verblutung handle, bis zur Autopsie offen gelassen wurde,
Zum Schlusse möchte ich noch kurz einen zweiten Fall von Pulmonal.
embolie bei einer Chlorotischen mittheilen. Derselbe kam wenige Wochen
nach dem vorstehenden zur Beobachtung auf der Abtheilung des Herrn Ober.
arztes Dr. Neukirch, dem ich für die gütige Veberlassung der Kranken-
geschichte und Erlaubniss zur Veröffentlichung verbindlichsten Dank schulde.
Wie wir sehen werden, ist der vorliegende kein reiner Fall von chlorotischer
Thrombose und kann deshalb in unsere Statistik nicht einbezogen werden.
20jährige Köchin, eingetreten 11. Februar 1901. Früher stets
gesund, Menses erst seit %/4 Jahren bestehend, bisher regelmässig, das letzte
Mal ausgeblieben. Seit fast 2 Monaten Husten, täglich Erbrechen, Schwindel,
Kurzathmigkeit.
Spitzenschall dumpf, spärliche diffuse Rhonchi. Herzdämpfung reicht nach
rechts bis zur Mitte des Sternums, Spitzenstoss zwei Querfinger ausserhalb der
Mammillarlinie, hebend, Systol. Geräusch an der Spitze. Abdomen in der
Nabelgegend druckempfindlich. Urin frei. Hgb, 28°/%. Temperatur 38.50
Puls 148,
In der Folge waren die Morgentemperaturen stets normal, die abendlichen
in den ersten Tagen 38°—38,2°, später 37,5°—37,8°, wobei aber in Betracht
zu ziehen ist, dass täglich Aspirin (3.0—5,0) gegeben wurde. Diagnose: Chlorose,
Endocarditis,
14. Februar, Patientin wird beim Versuch, aufzustehen, ohnmächtig.
15, Februar. Schmerzen in der linken Fusssohle, kein besonderer Befund.
21. Februar, Patientin wird morgens 4!/a Uhr im Bett plötzlich blass,
klagt über Athemnoth, wird ohnmächtig, pulslos. Campherinjectionen nutzlos,
Nach 1 Stunde Exitus.
Der Sectionsbefund war mit Weglassung des Unwesentlichen
folgender:
Allgemeine Besichtigung: Kräftig gebaute, gut genährte, doch sehr blass
aussehende w. Leiche. Die Leber überragt handbreit den Rippenbogen. Mesen-
;erlaldrüsen geringgradig geschwollen im kleinen Becken keine Flüssigkeit,
Brusthöhle: Nach Entfernung des Sternums liegt der Herzbeutel in Hand-
;ellergrösse vor. Sämmtliche Lungenlappen sind klein, schlaff, Jufthaltig, auf der
Schnittfläche blass, trocken, pigmentarm und sonst in keiner Weise verändert.
Nur in einem mittelgrossen Pulmonalarterienast des linken Oberlappens steckt,
das Gefässlumen obturierend, ein ca. 3 cm langer, walzenförmiger, gemischter
und an seiner Oberfläche rippenförmig eingeschnittener, graurother, ziemlich fester
Embolus, Nach Eröffnung der Pulmonalarterie ergiebt sich, dass dieselbe
unmittelbar an ihrer Theilungsstelle in ihren beiden Hauptästen vollkommen fest
durch einen langen, gut bleistiftdicken, theils grau entfärbten, theils braunroth
gefärbten Embolus verschlossen, der, von beträchtlicher Länge, in vielfachen
Windungen durcheinandergeknäuelt erscheint. Als Ursprungsstelle für diesen
Embolus ergibt sich eine circumscripte Thrombosierung in den 1. Vena iliaca,
wobei einzelne, offenbar abgerissene Stücke der gleichen Beschaffenheit, wie der
des Pulmonalarterienembolus noch im untern Abschnitt der vena cava inf.
gelegen sind.