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Das Handwerk der Plattner stellt infolge einer
ausserordentlich beständigen, guten Konjunktur eine
numerisch starke Gemeinschaft von Handwerks-
meistern dar, deren jeder, je nach der Lage des Ar-
beitsmarktes, bis zu vier Gesellen beschäftigen durfte,
während einem jeden nur ein Lehrling zugestanden
wird. Meister kann nur ein Bürger sein, und zwar
sind zum Meisterrecht zuzulassen, wer in Nürnberg
oder „an anderen redlichen Orten“ seine Lehrjahre
absolviert hat. Deren sind vier vorgeschrieben. Zur
Erlangung des Meisterrechts ist die Anfertigung von
einem Meisterstück erforderlich, welches von den ge-
schworenen Meistern zu prüfen ist. Da sich im Laufe
des von mir betrachteten Jahrhunderts kaum Spuren
von wirtschaftlicher Bedrängnis finden, dagegen sich
hie und da Anzeichen bemerkbar machen, dass &s unsern
Handwerksmeistern recht „wohl. war“, so möchte ich
annehmen, dass, wenn irgend ein Handwerk, so das
der Plattner in Nürnberg einen goldenen Boden gehabt
hat, wofür neben der immer recht stattlichen Zahl
von Meistern, auch die hervorragenden auf uns ge-
kommenen Arbeiten Zeugnis ablegen. In gedrückten,
wirtschaftlich und sozial engen Verhältnissen hätte
sich die Plattnerei schwerlich zu einer solchen Blüte
erheben können (andrerseits ist ja diese auch wieder
eine Ursache für ihre wirtschaftliche Stärke). Sehr
selten finden sich Spuren von Unzufriedenheit der
Gesellen und — modern gesprochen — beginnenden
Lohnbewegungen, die sich aber weniger gegen die
Meister — die Arbeitgeber — richteten, sondern, SO-
fern überhaupt klar erkennbare Ziele vorlagen, die
Interessen des Gesamthandwerks im Auge hatten.
Es scheint mir, dass das eigentlich treibende Motiv
zünftlerischer Natur war.