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und traurige Tragödien, auch kurzweilige Spiele, ferner Historien, Fabeln,
Schwänke, Gespräche, Klagreden, Lobsprüche n. a. Wir sehen daraus,
daß nicht nur die Zahl der Dichtungen, sondern auch die Mannigfaltigkeit
eine sehr reiche ist. Unerschöpflichen Stoff hiezu bot ihm seine reiche
Erfahrung und Weltkenntniß, dann der seltene Fleiß, mit dem er bestrebt
war, Sage und Dichtung nicht nur seines Volkes, sondern aller Cultur—
völker durch eifrtiges Lesen kennen zu lernen; gewiß hatte er auch der
ehrwürdigen Reichsstadt Nürnberg mit ihrem regen Leben in Folge der
hohen Entfaltung der Kunst und Industrie vielseitige Anregungen zu
verdanken. Er hat in seinen Dichtungen — und das macht sie umso
werthvoller — auch die Stimmungen und Eindrücke seines Lebens nieder⸗
gelegt und es verstanden, sie mit der Wärme unmittelbarer Empfindung
zu durchdringen. Ihm ist die seltene Gabe in hohem Maße zutheil ge—
worden, jede Erfahrung seines Lebens zu einem Gedichte zu gestalten,
wie er es versteht, noch nach Jahrzehnten Erlebnisse aus seinen Wander—
jahren mit der klarsten Anschaulichkeit darzustellen. Treffend sagt hier—
über Wackernagel: „Denn was sein Jahrhundert bewegt und sonst dessen
Literatur nach zwei Seiten hin gespalten hat, der Kampf zwischen Schule
und Leben, zwischen Gelehrtem und Volksmäßigem, zwischen äußerer fremd⸗
artiger Angewöhnung und angeborener freier Eigenart, und all die Mannig—
faltigkeit von alter und neuer Dichtweise, worin der Kampf sich kundgibt,
es steht hier in eine Persönlichkeit zusammengeschlossen da, so jedoch,
daß die Eigenart, das Volksmäßige, das Lebendige noch ungebrochen den
Sieg davonträgt, und obschon ein Stellvertreter der gesammten Literatur,
Hans Sachs zu allervorderst ein Dichter des Volkes bleibt.“
Wir wollen jedoch eine eingehendere Würdigung der von Hans Sachs
behandelten Stoffe für die Besprechung seiner Dichtungen aufsparen, zu
welcher nun übergegangen werden soll. Fassen wir zunächst die solange
verschrieenen Meisterlieder ins Auge, so sehen wir in der großen Zahl
derselben (4275) einen Beweis für seine Liebe zum Meistergesang, welche
dem Knaben im zartesten Alter eingeimpft wurde, welche den Jüngling
vor manchen Verirrungen bewahrte, welche dem Manne Zerstreuung und
Unterhaltung, aber auch Trost bot. Und worin lag der Grund zu dieser
ein so langes Menschenleben ausfüllenden Liebe zum Meistergesange und
besonders zu der Nürnberger Singschule? Einerseits in der Pietät, in
der dankbaren Erinnerung, die er für diese Singschule hegte, weil er durch
sie der Poesie zugeführt worden war, anderseits die Ueberzeugung, daß
das Institut der Meistersänger von dem heilsamsten Einflusse sei auf das
Leben und die Sittlichkeit des Bürger- und Handwerkerstandes, daß dadurch
am wirksamsten der Roheit und Unwissenheit entgegengearbeitet werde.
Deshalb bemühte er sich, die besten Kräfte aus der Jugend seiner Standes⸗
genossen mit der holdseligen Kunst bekannt zu machen, welche Bemühung
von dem schönsten Erfolg gekrönt wurde. Nach dem Berichte Wagen—
seils waren 1558 zu Nuͤrnberg mehr als 250 Meistersänger. Sachsens
Veidieust nach diese⸗ Seite erscheint umso größer, da sich die Singschule