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Wagen, der der Mutter und dem Täufling zur Ver—
fügung gestellt war. Er hakte fich in seine Anne
ein. „Komm, Kind, wir wollen einen kleinen Weg
um die Stadt machen, wir werden dann schon recht—
zeitig zum Taufmahl zu Joseph kommen.“
Wie freudig stimmte Anne ein! Sie verließen
die Stadt mit einem großen Schwarm Menschen,
der noch immer nach dem Friedhof wallte.
Aber dann, als sie die Sankt Johannisstraße
überschritten hatten, wurde es so still und friedlich,
wie die beiden Menschen es für den Tag brauchten.
Schritt für Schritt, vor Augen die Burg, so gingen
sie an der Mauer entlang, durch die junggrünen
Anlagen.
Wie oft waren sie beide den Weg gegangen,
in Bangen und Hoffen, in seligem Glück der Er—
füllung, in Schmerz und Enttäuschung. Wie schnell
waren sie manchmal gegangen, wie zaudernd an
anderen Tagen. —
Anne schmiegte sich fest an den Vater, als sie
durch das Burgtor zur Freiung gingen und dann
hinabblickten auf die Dächer ihrer Heimatstadt.
Leichte Rauchwölkchen stiegen, wie alle Mittage,
aus den unzähligen Schlöten zu dem blauen, wolken—
losen Sommerhimmel auf.
Ihr Nürnberg, ihre Heimat!
„Kind, mir ist's heute wie dem müden Wan—
derer, der am Ziel!“
Anne schüttelte den Kopf.
„Doch, Kind, gewiß! Nicht als ob ich nicht
noch viel sähe, unendlich viel, das werden muß, das
geschehen muß, nicht, daß ich zufrieden wäre mit
meinem Tagewerk — aber es ist doch ein Friede
in mir, seitdem ich meinen Erben im Arm gehalten.