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die er gekannt, die er zum letztenmale gehört am
Abende des Maifestes des Jahres 1494, die in dem
Schatten der hohen Buchen der Hallerwiese ihm
damals wohl nur wenige Worte zugeflüstert, aber
Worte, die er nur im Tode vergessen konnte.
Und dann trat sie wieder vor ihn hin, die stille,
blasse Jungfrau, wie er zum letztenmale sie am Hoch—
altar des St. Sebaldidoms gesehen und wieder fühlte
er den goldenen Reif am Finger der Linken, der
seinen Vater gerettet und ihm das Herz gebrochen,
wie von Feuer geschmiedet — und heimwärts wandte
er sich in sein altes, „des Haus, wo ihn nicht Arme
der Liebe umfingen, wo ihm kein Kind den Vater—
namen lallte, wo ihm kein Auge begegnete, das in
dem seinen zu lesen verstanden, wo ihm nur Worte
der Habsucht des Lebens ertönten.
Agnes Frei mag nicht, wie schon bemerkt, das
böse Weib gewesen sein, das Dürer's Leben zu einer
Hölle geschaffen — doch hat sie Manches verschuldet.
—A
im Spätherbst, die Blätter waren fast alle schon
gefallen und die, die der Baum noch trug, hatte ein fahles
Roth gefärbt — aus dem freudenleeren Hause fort
und hinüber an die wohlbekannte Stelle zwischen
dem Spittler- und Frauenthor.
Und die Hora klang und der Gesang der Nonnen
ertönte und der Meister lauschte und lauschte — aber
Albrecht schien die ihm so liebe Stimme nicht mehr
zu vernehmen.
Mag sein, daß er sich täuschte und daß noch
immer in den Ohren ihm gellte das tägliche Jammern
und Klagen seines Weibes, dem er nie und nimmer