fullscreen: Kaspar Hauser

—16 
Nicht ungeschickt betont Herr v. Artin, daß nach allen 
Schriften für Hausers Sache, d. h. für sein badisches Erb— 
prinzentum rastlos gefahndet wurde, während man die ihn als 
einen Schwindler hinstellenden frei ausgehen ließ. Aber auch 
hierin liegt kein Beweis für Hauser. Denn wenn auch alles 
von Garnier, Sailer, Broch u. a. vorgebrachte unwahr war, 
— 
badischen Regierung sehr ungelegen kommen. Die dreißiger 
und vierziger Jahre brachten viel unruhige Stimmung mit sich, 
und gerade in Baden war viel Gährungsstoff angehäuft. 
Schriften, die von Greuelthaten im Herrscherhause berichteten 
und vollends behaupteten, der gegenwärtige Herrscher säße mit 
Unrecht auf dem Throne, waren geeignet, den revolutionären 
Geist zu beleben, denn auch in der Politik gilt das Calumniare 
audacter, semper aliquid haéret. Man kaun es der 
badischen Regierung wohl nachfühlen, daß sie derartige Pas— 
quille energisch verfolgte, auch wenn sie ein vollkommen reines 
Gewissen hatte. Nun ist es aber wohl möglich, daß in den 
Schriften manches wahre über skandalöse Vorgänge am badischen 
Hofe gesagt war, ein Grund mehr für die Regierung, gegen 
sie einzuschreiten. Ob sie damit aber grade das Richtige ge— 
troffen hat, lasse ich dahingestellt. Verbotene Früchte schmecken 
bekanntlich am süßesten, und so ist es kein Wunder, daß die ver— 
folgten Schriften mit großer Begier gelesen wurden, wodurch bei 
politischen Gegnern des Opfers die Ueberzeugung wuchs, Kaspar 
Hauser sei der rechtmäßige Thronerbe von Baden. Wenn Herr 
v. Artin es merkwürdig findet, daß den Verfassern der gegen 
Hauser gerichteten Broschüren nie das Geringste widerfuhr, so 
ist darauf zu erwidern: Sie beschuldigten nur einen längst Be— 
grabenen des Betruges, schadeten somit Niemand; während die 
Schriften für Hauser meist ungleich schwerere Anklagen gegen 
zum Teil noch Lebende erhoben.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.