Hans Sachs: Ausgewählte Gedichte.
Uber der Nachtigall Gesang,
Daß sie meldet der Sonne Aufgang,
Davon sein Königreich ein Ende nimmt.
Drob ist der grimmige Leu ergrimmt,
Stellt der Nachtigall nach dem Leben
Mit List vor ihr, hinten und daneben;
Aber er kann sie nicht ergriefen?,
Im Hag kann sie sich wohl verschliefen?
Und singet fröhlich für und für.
Nun hat der Leu viel wilder Tier',
Die wider die Nachtigall bleckens,
Waldesel, Schweine, Böcke, Katzen und Schnecken;
Aber ihr Heulen ist alles fehl—:
Die Nachtigall singt ihnen zu hell
Und thut sie alle darniederlegen;
Auch thut das Schlangengezücht sich regen,
Es zischet sehr und widerficht
Und fürchtet sehr des Tages Licht.
Ihnen will entgehn die arme Herd',
Von der sie sich haben genährt
Die lange Nacht und wohl gemäst't,
Lobens, der Leu sei noch der best',
Seine Weide, die sei süß und gut,
Wünschen der Nachtigall die Glut.
Desgleichen die Frösche auch quaken
Hin und wieder in ihren Lackens
über der Nachtigall Getön,
Denn ihr Wasser will ihnen entgehn;
Die Wildgänse schreien auch gagag
Wider den hellen, lichten Tag
Und schreien insgemeine all':
„Was singet Neues die Nachtigall?
Sie verkündet uns des Tages Wonne,
Als machte allein fruchtbar die Sonne
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Ergreifen.
Verkriechen.
Ihr die Zähne zeigen.
Vergeblich.
Heben rühmend hervor.
Lachen, Sümpfen.