Volltext: Sammelhandschrift – Nürnberg, STN, Cent. VI, 44

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Die Engel. 
Als die. venezianische Madonnengruppe dastand und das Zimmer 
hinzu entworfen war — als Mittelstreifen, mit den Ausblicken rechts 
und links — da erst zeichnet Dürer noch die Krone und die kleinen 
Engel hinein. Klein mußten sie sein, sonst hätten sie ihm das Zimmer 
wieder verdorben. Sie mögen von vornherein unbestimmt geplant 
gewesen sein; daß sie jetzt erst feste Gestalt gewannen, zeigt ihre 
Anordnung. Die Krone hält sich zwischen der Mitte des schon ge- 
zeichneten Kopfes und der Mitte des schon gezeichneten Wand- 
streifens, und auch die Engelchen sind mit Rücksicht auf das bereits 
Vorhandene gezeichnet: der links an der Krone ist verkürzt von 
vorn und unten gegeben, der rechts mehr seitlich in Dreiviertel- 
stellung — beides mit deutlicher Rücksicht auf den Wandstreifen 
und auf den Umriß der Madonna (links steil, rechts schräg). Darunter 
schweben zwei Engel mit Rauchfässern. Warum diese gerade so 
geschwungen werden, kann man leicht sehen. Dann außen zwei 
Engel: der links muß vertikal schweben und sein Rauchfaß vor sich 
halten, der rechts schwebt breit hin und schwingt sein Rauchfaß 
weit weg, um möglichst viel horizontale Erstreckung zu haben. Die 
beiden (durchgeschnittenen) Engel oben sind als Kontraste zu den 
eben genannten erfunden. Überhaupt ist der Kontrast, die auf- 
gehobene Symmetrie überall angestrebt, in jeder Bewegung und 
jeder Stellung und jedem Detail dieser »armen Wichte«. Bei den 
kleinen Engelchen unten wird man wenigstens vermuten dürfen, wie 
Dürer gerade auf solche Motive (in formalem Sinne) kam, nament- 
lich bei dem rechts. 
Entstehung der Komposition. 
In dieser Weise denke ich mir also die Komposition des Mittel- 
bildes entstanden: das große Motiv vorn in seinen Hauptzügen einem 
bellinesken Gemälde entlehnt, dann das Zimmer hinzu komponiert, end- 
lich die Krone und die Engel hineingebracht. Ein solches allmäh- 
liches Herbeischaffen der Bildelemente ist natürlich nicht der übliche 
Weg der Komposition. Eine gute Komposition muß einheitlich
	        
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