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die Denunziation irgend eines schlechten Gesellen einen rechtschaffenen
Mann auf die Folterbank bringen konnte. Namentlich die auf den
Hals Gefangenen pflegten öfters mit oder auch ohne Anwendung der
Tortur, wenn sie nach ihren Mitschuldigen gefragt wurden, aus Bosheit
oder aus Verzweiflung allerlei falsche Angaben zu machen.
Die Folter wurde angewendet, nachdem man sich durch mehr⸗
fach wiederholtes gütliches Zureden vergeblich bemüht hatte, den
Beschuldigten zum Geständnis seiner wirklichen oder vermeintlichen
Schuld zu bewegen. Sie wurde in einem eigens dazu eingerich—
teten gewölbten Gemach im Lochgefängnis vorgenommen, das wegen
seiner Gestalt auch die „Kapelle hieß und über dem noch jetzt die
von der Zeit fast gänzlich ausgelöschten Worte „Folterkammer 1511*
zu lesen sind.“ Hier erwarteten den Inquisiten die Lochschöffen samt
einem Lochschreiber, der Henker (oder Züchtiger) und sein Gehilfe der
Löwe. Die beiden letzteren handhabten die Folterwerkzeuge, oft nach
freiem Ermessen, indem man es ihnen überließ, zu entscheiden, was
einem jeden nach seiner Körperkonstitution an Folterqualen zugemutet
werden dürfte. Vor Beginn der eigentlichen Tortur setzte man den
zu Befragenden im Angesicht der Folterinstrumente noch einmal einem
scharfen „ernstlichen“ Verhör aus. Oft, namentlich bei Frauen hatte
diese „Territion“ allein schon die Wirkung, daß der Geängstigte ein
Geständnis machte. Leugnete er jedoch noch immer, so wurde er zuerst
gebunden, dann wurden ihm die Instrumente angelegt, während er
immerzu befragt wurde, endlich griff man ihn körperlich an, um ihm
„wehe zu thun“. Es gab eine ganze Reihe mit raffinierter Grausam—
keit ausgedachter Peinigungsmittel, wie z. B. das Einpressen der Daumen
in eine Schraube, das Aufziehen des ganzen „ledigen“ oder mit Ge—
wichten beschwerten Körpers, das Aufbinden auf eine Leiter, das
Hinunterhalten von brennenden Kerzen unter die Achselhöhlen u. a. m.
Durch Kombinieren dieser verschiedenen Folterungsarten konnte die Qual
noch vergrößert werden. Auch Peitschen- und Rutenhiebe, namentlich
bei jungen Personen wurden, wie es scheint, mit Erfolg angewendet.
Es galt oft nicht nur das Geständnis der eigenen Schuld des Ange—
klagten zu erzwingen, häufig quälte man ihn auch noch länger, um
über etwaige Mithelfer seines Verbrechens Auskunft zu erhalten. Auf
oerwandtschaftliche Beziehungen wurde dabei keine Rücksicht genommen.
Wie viele der Gemarterten, denen man außerdem noch durch
allerhand verfängliche Fragen eine Falle zu stellen suchte, bei Erleidung
der Schmerzen oder auch nur aus Angst davor, schuldlos ein falsches
*) Vgl. Mummenhoff, Nathaus, S. 18, wie überhaupt den ganzen Abschnitt
aselbst für das über das Lochgefängnis Gesagte.