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weder sozialistisch noch sozialdemokratisch is, wir müssen einen Mittelweg
gehen, und der ist heute auch schon bezeichnet worden. Es ist nichts
anderes als die bessere gesellschastliche Organisation der Produktivgewerbe.
Es ist mit anderen Worten das Syndikat, auf das ich zurückkomme.
Also Syndikat! Sehr viele von Ihnen werden in der letzten Zeit
die Berichte über die nordamerikanischen Syndikate, namentlich über den
Fleischtrust gelesen haben. Sehr viele überläuft ein kaltes Gruseln, wenn
man sagt: wieder ein Syndikat! Die Syndikate sind nicht beliebt. Aber
ich glaube, wir haben die Verpflichtung, in der öffentlichen Meinung auf
das allerentschiedenste dafür einzutreten, daß ein ganz gewaltiger Unter—
schied besteht zwischen Syndikat und Syndikat. M. H., ob ein Syndikat
in der Hand von 3 oder 4 Großkapitalisten ist, die nicht genug ver—
dienen können, oder ob das Syndikat von 3, 4, 5 oder 20 bis 30000
deutschen Müllern, also selbständigen Existenzen, gebildet wird, ist ein
Unterschied wie tausend und eins. Ich will ein praktisches Beispiel an—
führen. Wir haben in Nordamerika ein Whiskysyndikat. Dieses ist von
wenigen Personen gegründet worden. Sie haben schon Millionen um
Millionen verdient. Eine große Whiskyfabrik in Chikago hatte sich nicht
angeschlossen, die wollte man hereinhaben. Man bot einen kolossalen
Preis zum Ankauf an. Das Angebot wurde abgelehnt. Bald darauf
fand sich eine Höllenmaschine in jener Fabrik — also nach der Methode,
die vorhin hier vorgeschlagen wurde. (Heiterkeit.) Die erste Höllen—
maschine wurde beseitigt, auch die zweite; aber, m. H. die dritte hat
die betreffende Fabrik in die Luft gesprengt und damit war diese Frage
erledigt. Hier war alles in der Hand weniger Großkapitalisten. Wenn
Sie aber 20- und 30000 Menschen in einem Syndikat zusammenfassen,
die nicht bloß auf den Gewinn losgehen, so werden Sie niemals auch
nur den leisesten Gedanken in der Richtung anarchistischer Erledigung der
Konkurrenz finden. Ich möchte bitten, in der Presse darauf hinzuweisen,
daß Syndikat und Syndikat etwas tief Verschiedenes ist. Was wir
wollen, ist ein Mittelstandssyndikat.
Welches Syndikat ist nun möglich? Es wurde erwähnt, Preisver—
einigungen wollen wir machen usw. M. H., ich habe Ihnen sieben
Punkte genannt als Krankheitserscheinungen am Körper des deutschen
Mühlengewerbes. Das Hinauswachsen der Produktionsfähigkeit über den
Bedarf: diesen Punkt kann keine Preisvereinigung beseitigen. Ungleich—
heit der Erzeugungskosten kann keine Preisvereinigung beseitigen und die
starke Übersetzung der Offerte bleibt, die Doppelverfrachtungen bleiben
auch. Von der Schleuderkonkurrenz sagt wan, daß man sie durch Preis—
vereinigungen leicht beseitigen könnte. Das Ende vom Liede ist aber,
daß man sie auch nicht beseitigen kann. Am letzten Ende bleiben bei
der Preisvereinigung alle die Mißstände, die wir heute haben.
Etwas besser steht es mit der sog. Fusion. Ich will keine Definition
geben, sondern ein Beispiel anführen. Wenn Sie in irgend einer Gegend
10 Mühlen haben und jede bearbeitet 40 Tonnen Getreide pro Tag und
diese schließen sich zu einem Kartell zusammen, so haben Sie eine
400-Tonnen-Mühle. Das ist eine Großmühle und sie genießt die Vor—
teile, die die Großunternehmungen haben. Dazu liegt gewiß da und