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Bei den weitherzigen Anschauungen, die man in der damaligen Zeit
hinsichtlich des literarischen Eigentums hatte, kommen Plagiate im
großen wie im kleinen Stile vor. Man benutzte frohgemut die
Komödien des Hans Sachs, um aus ihnen als einer unversiegbaren
Quelle zu schöpfen. Welche Schicksale sie dabei erleben konnten,
das hat uns die Bearbeitung der Griseldis durch Mauricius Vater und
Sohn in einem Beispiele gezeigt. Wie viele Hände dann aber tätig
gewesen sind, um in volkstümlichen Stücken Hans Sachsens lite-
rarisches Gut zu verwerten, das läßt sich gar nicht übersehen, wir
können nur in den Volksschauspielen, die zum "Teil heute noch
leben, die Spuren dieser Tätigkeit verfolgen.
Waren in Nürnberg die schauspielerischen Leistungen der
Meistersänger und mit ihnen die Aufführungen Hans Sachsischer
Stücke nach dem Tode Sachsens bald von der Tagesordnung abge-
setzt, (s. o. S. 26),! so blühten sie dagegen an anderen Orten
namentlich in den Reichsstädten weiter. Unter diesen war eine der
bedeutendsten Frankfurt am Main, durch die Büchermesse zugleich
ein literarischer Mittelpunkt Deutschlands. Der junge Hans Sachs
war 1516 hier gewesen und später besuchte er noch einigemale
die Frankfurter Messe.* Das Theaterleben hat in Frankfurt eine
reiche Entwicklung aufzuweisen, nur wurden dem fröhlichen Treiben
in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts mitunter durch die Pest
Schranken gesetzt. Schon zu Lebzeiten des Hans Sachs hören wir
1 Auch die Theatergeschichte Augsburgs hat nach der mir vorliegenden
Literatur — abgesehen von einer Aufführung der Tragödie von den sechs
Kämpfern i. J. 1570 (Trautmann im Jahrbuch für Münchener Gesch. 83
1889) 8. 374, 83) — nichts für das Nachleben Hans Sachsens ergeben, wie-
wohl die Meistersänger hier ein gewisses Vorrecht auf theatralische Auf-
führungen genossen und das Ende ihrer Tätigkeit erst mit dem Jahre 1772
anzusetzen ist. (Vgl. Daniel Eberhardt Beyschlag, Beyträge zur Ge-
schichte der Meistersänger, Augsburg, 1807, S. 8, 9, 12; F. A. Witz, Ver-
such einer Geschichte der theatralischen Vorstellungen in Augsburg [Augs-
burg, 1876], S. 19; auch Paul von Stetten behandelt in seiner Kunst-
Gewerb- und Handwerks-Geschichte der Reichs-Stadt Augsburg, 1. Th.,
S. 526—531, 2. Th., S. 313—316, Augsburg, 1779, 1788, Meistergesang und
Schauspiel). Für einen anderen alten Sitz des Meistergesanges für Mainz
vermag ich auch keine Aufführungen Hans Sachsischer Stücke nachzu-
weisen. Die Geschichte des Theaters und der Musik zu Mainz von Jakob
Peth (Mainz, 1879) ist für die ältere Zeit sehr dürftig.
2 Goetze. Hans Sachs SS 8