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war, zu gestatten, und so entschloß sich die Regierung, in Erwägung der
daraus für Handel und Produktion entspringenden Vorteile, mit Erlaß
vom 10. April 1858 das Schwefeln für den Export, jedoch nur für das
mittelfränkische Gebiet, freizugeben. Diese Erlaubnis betraf somit den im
Inlande abzusetzenden Hopfen nicht und war sonderbarer Weise nur auf
den Regierungsbezirk Mittelfranken begrenzt, weil in den übrigen Kreisen
des Landes „ein Bedürfnis des Hopfenschwefelns nicht hervorgetreten sein solle“.
Immerhin bedeutete diese Verordnung einen großen Fortschritt und
innerhalb kurzer Frist entstanden 8 Schwefelanstalten und zwar sämtlich
in Nürnberg, das damit den Grund legte zu seiner späteren hervorragenden
Stellung im Hopfenhandel der Welt. Schon jetzt stand Nürnberg über
Saaz, dem Emporium des böhmischen Hopfenhandels.
Dankbarst ist es anzuerkennen, daß die Staatsregierung, nachdem
einmal die bedingte Erlaubnis zum Schwefeln erteilt war, es nicht unter—
ließ, sich durch fortgesetzte Untersuchungen zu vergewissern, ob die gegebene
Erlaubnis die erhofften Erfolge bringe. Jedenfalls war für die Er—
sprießlichkeit der Aufhebung des Schwefelverbotes ein eklatanter
Beweis durch die außerordentlich hohe Hopfenausfuhr des
Jahres 1860 erbracht, die anders rein unmöglich gewesen wäre.
Diese Erfolge, in Verbindung mit den mittlerweile von obiger Kommission
mit gleich günstigen Resultaten fortgesetzten Versuchen veranlaßten kurz
darauf unsere Regierung, das Hopfenschwefeln, unter Einhaltung einiger
sanitäts- und feuerpolizeilicher Bestimmungen, gänzlich freizugeben.
Die diesbezügliche Verordung datiert vom 6. Juni 1862.
Damit war die letzte Schranke gefallen, die dem Hopfenhandel auf
dem Entwicklungswege zum Großhandel entgegenstand, und damit beginnt
eine Aera, in welcher Nürnberg sich in erstaunlich kurzer Zeit zum ersten
Hopfenmarkt der Welt emporschwingen sollte!
Dazu war Nürnberg jetzt in um so höherem Grade berufen, als sich
der bayerische Hopfenbau immerfort vergrößerte und auch, wie wir sahen,
andere deutsche Staaten mit ihrem blühenden Hopfenbau sich als neue
Zufuhrländer zur Zentrale des Hopfenhandels aufthaten.
Auch die Hopfenkultur Englands und Amerikas, welche jedoch
durch die Eigenartigkeit ihrer Produkte von mehr lokaler Bedeutung ist,
hatte sich wesentlich vergrößert, und deren Märkte London und New-York
standen schon jetzt in enger, gegenseitiger Wechselwirkung mit Nürnberg.
Nürnberg aber behauptet auch diesen beiden, hochbedeutsamen Märkten
gegenüber seine Stellung als erster Hopfenhandelsplatz der Welt, um so mehr,
als sein Markt über eine Ware gebietet, die auf der ganzen Erde begehrt wird.
Die Fäden seines Handels erstrecken sich heute überall dahin, wo man
bayerisches Bier braut und in der ganzen Welt dürfte keine derartige Brauerei
existieren, die — sei es direkt oder indirekt — mit Nürnberg nicht Fühlung hätte.