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Titel alle heißen mögen, füllt eine stattliche Reihe von Foliobänden.
Jahrhunderte lang schleppte sich dieser unter dem Namen des „großen
Nürnbergifschen Fraischprozeßes“ in der Nürnberger und markgräflich—
brandenburgischen Geschichte eine bedeutende Rolle spielende Streit
fort, erst mit dem Aufhören der reichsstädtischen Freiheit sollte auch
er sein Ende finden. Wir werden von den einzelnen Phasen desselben
noch gelegentlich zu berichten haben. Die Markgrafen hielten fort⸗
während die Behauptung aufrecht, daß ihre Fürstentümer aus dem
Burggraftum Nürnberg hervorgegangen seien und daß dieses von jeher
ein geschlossenes Gebiet gewesen sei, in dem ihnen die alleinige Aus—
übung aller fürstlichen und Hoheitsrechte zustehe, auf welche der
Burggraf Friedrich bei dem Verkauf seiner Burg und der dazu gehörigen
Dörfer im Jahre 1427 ausdrücklich nicht Verzicht geleistet habe.
Wie leicht erklärlich, konnte man über die „nachbarlichen Ge—
brechen“ in Schwabach zu keiner Einigung kommen. Um so erfreulicher
war das Resultat der Verhandlungen über die kirchlichen Dinge. Als
Grundlage der Visitation wurden 28 von den Nürnbergern mitgebrachte
„Lehrartikel“, die sog. Schwabacher Visitationsartikel, die nicht mit
ben später noch zu erwähnenden gewöhnlich sog. 17 Schwabacher Ar⸗
tikeln zu verwechseln sind, sowie ein von den Ansbacher Theologen
herrührender Entwurf für die den Predigern vorzulegenden Fragen,
die sog. 80 Ansbacher Frageartikel, aungenommen. Auch die gleich
zu besprechende Nürnbergisch-Brandenburgische Kirchenordnung wurde
damals in ihrer ältesten Form abgefaßt. Ein sehr glücklicher Gedanke
war es, daß man, um allen Streitigkeiten über die hohe Obrigkeit und
die Patronatsrechte in den einzelnen Ortschaften vorzubeugen, das ganze
Gebiet, das für die Kirchenvisitation in Betracht kam, nach natürlichen
Grenzen abteilte, so zwar, daß dem Nürnberger Rat die Visitation aller
Pfarreien in dem von den Flüssen Regnitz, Schwabach und Schwarzach
eingeschlossenen Gebiet zugewiesen wurde. Dabei sollte auch auf den
Bischof von Bamberg, der eine Menge Lehen namentlich im Bereich der
narkgräflichen Oberhoheit liegen hatte, keine Rücksicht genommen werden.
Darauf nahm die Visitation im August 16528 ihren Anfang.“)
Was Nürnberg betrifft, so wurden die Stadtgeistlichen und die der
Stadt benachbarten Pfarrer in das Ägidienkloster, die entfernter woh⸗
nenden in die kleinen Städtchen des Nürnbergischen Territoriums
vorgeladen. Hier hatten sie sich einer Prüfung vor einer aus Geistlichen
und Ratsmitgliedern bestehenden Kommission zu unterwerfen. Leider
sind die Protokolle darüber zum größten Teil Ende des vorigen Jahr⸗
.) VBgl. H. Westermayer, Die Brandenburgisch-Nürnbergische Kirchenvisitatio
und Kirchenordnung. Erlangen 1894.
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