Volltext: Geschichte der Reichsstadt Nürnberg

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haben. Bedauerlich aber war's, daß diese Fabeln noch zu 
Anfang des vorigen Jahrhunderts von Nürnberger Schrift— 
stellern geglaubt, und in ihren Werken nacherzählt worden 
sind. Dies gab ihren Gegnern willkommene Waffen des 
Spottes und der beißendsten Kritik in die Hand, welche 
aber da, wo sie zu weit gegangen ist, von den Späteren in 
wohlverstandener Scheidung des Wahren und Falschen mit 
Ruhe und Sicherheit in ihre Gränzen zurückgewiesen wor— 
den ist. 
Eine große Ahnenzahl und der Stolz darauf, — das ist 
oft das Einzige, was so mancher Familie von diesen ihren 
Vorfahren übrig geblieben ist; mit unsäglicher Mühe sucht 
man seinen Stammbaum um Jahrtausende zurückzuleiten, 
und es kommt gar nicht darauf an, daß der Ur-Ahnherr 
ein armer verlorner Heide oder Jude gewesen ist, der den 
hochgebornen Herrn Ur-Ur-Urenkel nicht einmal in dem— 
selben Paradiese willlommen heißen kann. Bis zu Adam 
hinauf hat's noch keiner gebracht, und dies wäre am Ende 
das Natürlichste gewesen. 
So glaubten nun auch die früheren Geschichtschreiber 
Nürnbergs, es gehöre zum besonderen Ruhme und Glanze 
ihrer Stadt, daß dieselbe schon in grauester Vorzeit gegrün⸗ 
det worden sei. 
An der Burg zu Nürnberg steht ein alter Thurm, vom 
Volk der Heidenthurm genannt. An der östlichen Seite 
desselben sieht man zwei in Stein gehauene Figuren, alte 
Männer, von denen der eine mit einer kurzen Keule bewaff— 
net ist; eben so sind zwei Thiergestalten dort angebracht, 
welche Aehnlichkeit mit Hunden haben. Mehr bedurfte es 
nicht, um die Erbauung dieses Thurmes in die ältesten 
Zeiten des Heidenthums zurückzusetzen, und einen Tempel der 
Diana oder Vesta daraus zu machen, welche in jenen Ge— 
genden besondere Verehrung genossen haben sollte. Der mit 
der Keule wurde zu einem Fürsten Namens Hercules gemacht,
	        
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