Volltext: Johann Tobias Kiessling und einige seiner Freunde nach ihrem Leben und Wirken

80 
find. Ei, fagte der Wolfgang ganz ärgerlich: das Sefchmeiß 
da leben laffen! — fagts gefcheidters möcht ich doc wiffen, wozu 
in der Welt folche Beftien gut fein follten und warum unfer 
lieber Herr Sott folch Zeugs da erfchaffen hätte, das nur Mens 
hen und Vieh plagt, und verunreiniget Einem die ganze Stube. 
Sohann Zobias führt die Sefchichte von einem Bauer, 
den eine Fliege weckte, und auch Einiges aus der Naturgefchichte 
an, wozu die Fliegen wohl gut fein möchten, 3. B. als Futz 
ter für manches arme Vögelein. Iener aber fpricht: Ei was! 
Vögelein hin, Bögelein her, und wird zulebt fo zornig, daß 
er faßt in Etwas auf unfern lieben Herr Sott fchilt, von wes 
gen der Erfchaffung der Fliegen. 
Da fteht der Tobias auf und fritt näher an ihn hin und 
fagt: Wolfgang! ift das auch recht von dir, daß du armer 
Wurm dich unterftehft, mit unferm Herr Sott zu rechten und 
an feiner Schöpfung zu meifternz ei was ft noch für Zorn 
und Ungeduld in deinem Herzen und bift doch ein Mann, der 
ein Chrift fein will. Wirft dich wohl auch noch anders vor 
unferm Herrn demüthigen müffen und beten lernen: Ei lieber 
Sort, mein armes Menfchenherz if ganz böfe von Iugend auf 
gieb du mir doch ein neues, befferes Herz. 
Der Wolfgang wird darauf fille, legt die FliegenkHNatfche 
hinter den Tifch und geht hinaus, bleibt aber fo lange außen, 
daß den Seinen zuleßt bange um ihn wird. Da geht ihm die 
Mutter nach und findet ihn endlich im Stalle, wo er Iniet 
End mit vielen Thränen betet: Ja, lieber Sott, id bin fehr 
bö8 und habe das noch niemals fo gewußt als heute. Aber du 
bift fehr gut und bift und bleibft doch mein lieber Herr in alle 
SwigFeit, und das habe ich auch noch niemals fo gewußt und 
grfahren als heute. 
Von diefer Stunde an begann denn auch für den Krdutz 
fer Nießling ein neues, innigeres Leben feines Chriftenwandel$s. 
Seitdem wußte er denn auch, daß die Fliegen doch wohl auch 
in der Welt zu efwas gut fein Fönnten, denn fie hatten einer 
armen Menfchenfeele zur lebendiaen Selbfferfenntnif, und hier-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.