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in den Ubgrund hinabzufürzen, und fih zu zerfchmettern. Wer
aber im Licht des Tages wandelt und auf feine Schritte merkt,
der geht hier oben ficherer, als da unten im Thale, am Ufer
des ftürmifchen Meeres und in der fumpfigen Ebene voll gif=
tiger Ausdünftungen und Schlangen und Sruben, in die man
gar Leicht ftürzt.
Siehe da! bei uns die Knaben von neunzig Sahren und
die Iünglinge von hundert Sahren.
Sf e& doch hier oben in diefer gefunden reinen Luft,
als wenn man das Friedensleben des Himmels felbft in fich ath-
mete, Und wenn der arme YAelpler einmal Hinunterkommt
in die unruhige, geräufchvolle Ebene, wo ein Immerwährender
Krieg der wilden Leidenfchaften bald da bald dort hereinbricht
und AUNes zerftört und verheert, wo die Feindfeligkeit fich und
Undern Gruben am Wege gräbt, in welche die Menge der
Trunkenen und bei Wbend Wandelnden ftlrzt, wo nirgends Zus
friedenheit und Ruhe wohnen: fo fehnt er fich doch bald zurück
nach feiner Alpe, denn da oben giebt e& wohl auch Gefahren,
aber auch einen Ddefto fefteren, tiefer gegründeten Felfenboden:
ewigen Frieden, Sicherheit und Stille, und einen Lebenshauch,
ben man unten in der Tiefe nie empfindet.
Nur noch auf eine Gefahr fei hier hingedeutet, welche Jene,
bie das Gebirge befteigen, gar wohl Fennen: das Haupt des
innern Menfchen vor Allem zu bewahren, was Schwindel
macht, wenn nicht auch die Füße alsbald hinuntergleiten follen
in die Liefe.
Nämlich: wenn oftmals der dußere wie der innere Menfch
noch rubig find, und es fcheint Feine Gefahr da, Kommen wohl
etwa Sedanken des Unmuthes, des Zornes, des Haffes gegen
Diefen und Ienen, oder wohl auch Gedanken der böfen Luft.
Da gefchieht e& nun gar oft, daß der Kämpfer, welcher ein:
mal die Waffen angelegt und mitten im Kriege, umftellt von
lauernden Feinden lebt, die Treue im KHeineren Dienft: Wachen
und Kämpfen im Sebet gegen jene erften Keime des Böfen,
vberfäumt, und die Gedanken frei gehen und ungehindert wieder