Volltext: Johann Tobias Kiessling und einige seiner Freunde nach ihrem Leben und Wirken

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fradt aufgenommen wurde, was Damals für jeden „Auständer«“ 
außerordentlich fhwer hielt. Schon einige Monate nachher wurde 
er zum Prediger an der Margarethen» Capelle auf der DVefte 
ernannt, und drei Sahre hernach zu einem Diaconat an einer 
größeren Kirche in der Stadt befördert; ein rafcher Sang der 
Beförderung, welchen in jener Zeit nur dußerft Wenige erfuhren. 
Aber freilich Fonnten fi auch wohl nur Außerft Wenige 
gine8 folchen allgemeinen und ungetheilten Beifalls der gefammten 
Menge rühmen, als er durch feine Predigten gewonnen. Denn 
zu bdiefen drängten fih Menfchen aus allen Ständen, befonder8 
aber die fogenannte gebildete Welt, Über, wie er fich felbft fpäter 
hierüber dußerte: „obgleich feine Predigten ihren Worten nach 
chriftlichen Inhaktes waren, fo predigte er dennoch damals von 
Herzen eigentlich nicht Chriftum, fondern fich felbft — den Ios 
hann Sottfried Schöner, und fah weniger dabei einig 
und unverrückt auf den Beifall Sottes, als auf den, feinem 
Munde gar füß fchmeckenden Beifall der Welt.“ Seine Reden 
waren gar noch fern von jener ftillen Hriftlichen Einfalt, welche 
mit ihrer Sottesfraft bis in das Innerfte des Menfchenherzens 
dringt und hier fichere Früchte trägt für jene Welt, fondern mehr 
blumenreich und nach dem Sinne der fogenannten gebildeteren 
Mehrzahl aufgefhmüct;z wie denn der arme Menfch meint, er 
müffe zu Dem guten einfältigen Sotteswort noch etwas von feiz 
nem Eigenen hinzuthun, um e8 etwas fchöner und annehmlicher 
zu machen, als e8 ihm für fi allein zu fein [heint. 
Nun, bei alle dem freute fich unfer feliger Bücherverleiher 
dennoch herzlidy an dem reichbegabten , redlihen jungen Prediger 
und an dem Segen, den derfelbe, wie alle eben fo redliche Pres 
diger diefer Art, auch fchon damals in feinem Kreife flifteter 
vorbereitend und hinzuführend zu den feligen Borhöfen des Herrnz 
aber er fühlte, daß da noch etwas fehle. Schöner felbft, der 
£theure Schöner, foNunsfagen, was ihm zu jener Zeit noch fehlte. 
Sn feinem fchriftlichen Nachlaffe erzählt Derfelbe: „Ich bez 
obachtete damals (in Erlangen und Baiersdorf, wo er fih als 
Hauslehrer und feiner Kranklichkeit wegen aufbhielt) die Rath
	        
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