129
verschlossen. Wir steigen von den Hallen des Souterrain
eine breite steinerne Treppe empor und gelangen in den
grossen Rathhaussaal. ‚Dieser Saal nimmt die ganze
südliche Seite des Rathhaus... ein, welche noch vom alten
Bau her besteht; er hat eine Länge von 80 und eine
Breite von 30 Fuss; die hohe, gewölbte, mit Holz aus-
gelegte Decke 1 der grosse vergoldete hölzerne Leuch-
ter wurden von dem Kunstschreiher Johann Wilhelm Be-
heim 1613 gemacht. An der grossen Wand, den Fen-
stern gegenüber, erblickt man das berühmte Gemälde von
Albrecht Dürer, welches Kaiser Maximilian I. im
Krönungsornate auf einem von zwölf Pferden gezogenen
Triumphwagen darstellt, die Figuren sind fast drei Fuss
hoch; die Erfindung ist von Wilibald Pirkheimer
(1518). Zur Linken von dem grossen Bogenfenster be-
merkt man ein in Stein gehauenes vergoldetes Bild des
Kaisers Ludwig, des Bayern, der zwischen zwei Ad-
lern sitzend dargestellt ist. Dieses Bild wurde von den
Nürnbergern im Saale angebracht, um dem Kaiser ihren
Dank für die ertheilte münchner Zollfreiheit auszudrücken.
Bis zum Jahre 1806 war der Saal durch ein prächtiges
metallenes Gitter in zwei Abtheilungen geschieden. Der
Rath kaufte dieses Gitter, ein Werk Peter Vischers,
das 225'/, Zentner wog, von Vischers Erben, liess es
von Pankraz Labenwolf noch weiter mit Zierrathen
und Wappen versehen und 1540 aufrichten. Am 4. No-
vemaber 1806 erstand der Jude Fränkel dieses Kunstwerk
als altes Metall in öffentlicher Versteigerung, den Cent-
ner zu 53'/, Gulden; drei Gitterthüren wurden in
Nürnberg, alles übrige in Lyon eingeschmolzen. Der
8rosse Rathhaussaal bietet viele historische Erinnerungen.
Seit Jahrhunderten wurden alle grossen Rathsversamm-
lungen, Feste und Bälle in demselben gehalten; auch das
berühmte Friedensmahl, welches der Pfalzgraf Karl Gu-
stav am 25. September 1649 zum Schlusse der west-
phälischen Friedens- Executions- Verhandlungen gegeben
hat, wurde hier gefeiert.
Von dem Rathhaussaale wenden wir uns einige Treppen-
stufen hinauf nach dem langen Vorplatz oder der un-
teren Galerie, welche sich an der Rückseite der neuen
Rathhausfacade hinzieht. Ihre Decke ist mit halberhabener
Ghillane Nürnhere