Volltext: Kaiser Wilhelm der Erste

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Eine bittere Enttäuschung bereitete ihm der Widerstand der 
Volksvertretung gegen seinen Plan zur Umgestaltung des Heeres, 
den er mit Stolz „sein eigenstes Werk“ nennen durfte, und dessen 
Ausführung er aus tiefster Überzeugung für das Wohl des Vater⸗ 
landes als unerläßlich betrachtete. Es war nutzlos, daß er im 
Jahre 1862 einen neuen Landtag berief. Denn auch dieser ver— 
hielt sich dem königlichen Wunsche gegenüber ablehnend. Da 
berief der König an dem Tage, an welchem die Abgeordneten den 
Beschluß faßten, die Mittel für die Neugestaltung des Heeres 
nicht mehr zu bewilligen, — es war am 28. September — in der 
Person des Herrn von Bismarck einen Mann, von dessen Klug— 
heit und Thatkraft er hoffte, daß sie die seinem Reformwerk ent— 
gegenstehenden Schwierigkeiten siegreich überwinden würden. In 
dieser Wahl zeigte er den Scharfblick des großen Herrschers. 
Denn Bismarck war der Mann, den die gütige Vorsehung aus— 
ersehen hatte, die längst ersehnte Einigung des deutschen Volkes 
zu vollbringen, der Mann, der mit gewaltigem Wollen in die 
herworrenen Verhältnisse eingriff und unbeirrt durch die Miß⸗ 
gunst der Parteien wie durch den Neid der auswärtigen Mächte 
die edlen Absichten seines königlichen Herrn zu herrlichster Voll⸗ 
endung führte. Von dem Badeorte Biarritz am Strande des 
biscayischen Meeres, wohin er, damals preußischer Gesandter in 
Paris, den Kaiser Napoleon III. begleitet hatte, eilte er, dem 
Rufe des Konigs folgend, sofort nach Berlin und übernahm die 
Leitung des Ministeriums. Er suchte die Abgeordneten zu 
gewinnen, er stellte ihnen vor, daß Preußen eine starke Rüstung 
kragen müsse, um sie im günstigen Augenblick sogleich zu ver⸗ 
wenden. „Wir müssen“, sagte er, „unsere Kräfte zusammen— 
fassen und zusammenhalten für den günstigen Augenblick, der schon 
einige Male verpaßt ist. Preußens Grenzen, wie sie die Wiener 
Verträge geschaffen, sind zu einem gesunden Staatskörper nicht 
günstig. Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die 
großen Fragen der Zeit entschieden — das ist der Irrtum der 
Jahre 1848,49 gewesen, — sondern durch Eisen und Blut.“ 
Aber alle Bemühungen des Königs und des Ministers scheiterten 
an der Unnachgiebigkeit der Volksvertretung. Tiefbekümmert, 
„seine besten Absichten verkannt und entstellt zu sehen“, hielt
	        
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